Full text: Erzählungen aus Sage und Geschichte des Altertums und der ersten Periode des Mittelalters

— 34 — 
Olymp, und auf ihre Bitte fertigte Hephästus in wenigen 
Stunden der Nacht eine neue Rüstung für Achilles, so 
strahlend und köstlich, wie noch nie eine auf Erden gesehen 
worden war. Die brachte Thetis am Morgen dem Sohne; 
Achilles legte sie an und, mit Agamemnon versöhnt, eilte er 
in die Schlacht. Vor seinem Schwerte türmten sich die 
Haufen erschlagener Troer; aber selbst die Ströme troischen 
Blutes, die den Skamander purpurn färbten, vermochten 
nicht, seinen Rachedurst zu stillen; seine kampfglühenden 
Augen suchten das edelste Wild: Hektor. Endlich erspähte 
ihn der Pelide vor dem Mischen Thore; hier stand Hektor 
allein — denn die andern Troer waren vor dem Entsetz- 
lichen in die Stadt geflohen —, um den Kampf auf Leben 
und Tod zu wagen. Vergebens hatten ihn Vater und 
Mutter gebeten, dem Zweikampf auszuweichen; als er aber 
jetzt den Achilles im Feuerglanze der Rüstung heranstürmen 
sah, erbebte ihm das Herz, und er floh. Dreimal jagte ihn 
der Pelide um Trojas Mauer, dann faßte Hektor wieder 
Mut und stand. Mit furchtbarer Kraft schleuderte Achilles 
die Lanze auf ihn, doch er bückte sich, und das Geschoß flog 
über ihn weg. Hektors Speer aber prallte vom ehernen 
Schilde des Gegners zurück. Darauf stürmte der tapfere 
Sohn des Priamus mit dem Schwerte auf Achilles ein; 
der aber erspähte eine Blöße an seinem Hals und stieß ihm 
den Speer durch und durch. Nun sank der herrliche Hektor 
in den Staub, der Pelide frohlockte. Vergebens bat der 
Sterbende, daß sein Leib den Troern zur Bestattung über- 
lassen werde — Achilles zog vielmehr dem Toten einen 
Riemen durch die Füße, band ihn an einen Streitwagen 
und schleifte ihn durch den Staub des Schlachtfeldes hin- 
über ins griechische Lager, den Geiern und Hunden zum 
Fräße. Das alles hatten Priamus und die Seinen von 
der Stadtmauer mit ansehen müssen; jetzt erfüllten Thränen 
nnd unendlicher Jammer ganz Troja. Da erbarmten sich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.