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Wahn den Befehl gegeben, im Tempel zu Jerusalem seine eigne
Bildsäule aufzustellen. Vor dem verzweifelten Entsetzen des ganzen
Landes war von der Ausführung dieses Befehles zwar Abstand ge-
nommen worden; aber täglich konnte eine Laune des Kaisers von
den Juden dieselbe Gotteslästerung fordern und auch gegen ihren
Willen dieselbe Schändung des Tempels erzwingen.
Römer und Griechen begegneten dem Juden mit Widerwillen
und Verachtung gerade wegen der Besonderheit seines religiösen
Lebens. Der Jude aber betrachtete eben deswegen jeden Nichtjnden
mit Argwohn und Mißtrauen. Aus diesen Stimmungen, die an
Fehlern hüben und drüben weitere Nahrung fanden, stieg dann gegen-
seitig ein unversöhnlicher Haß empor, welcher beiden Parteien schließ-
lich die Waffen in die Hand zwang.
Vom Jahre 44 nach Chr. Geb. ab flackerte bald hier bald dort,
in Stadt und Land der Aufstand auf; zum alles verzehrenden
Brande schwoll er au seit dem Jahre 66. Am 6. August ds. I.
erlebten in Jerusalem die Vorhöfe des Tempels und die Straßen
der Stadt ein grauenhaftes Blutbad. Der Tempelmeister Eleazar,
der Sohn des Ananias, einer der Führer der Zelotenpartei unter
den Juden, hatte gegen den bisherigen Brauch allen Nichtjnden das
Verweilen im äußern Vorhofe untersagt. Auch verbot er das Opfer,
welches bisher auf Anordnung und auf Kosten des römischen Kaisers
im äußern Vorhofe täglich zu Ehren Jahwes dargebracht worden
war. Darüber war es dann zum Zwist und zum Kampfe gekommen
zwischen Nichtjnden und Juden und nicht minder unter den Juden
selbst. Die Gemäßigten derselben unterlagen den Zeloten. Die
Burg Antonia, der Herodianische Palast fielen in die Hände der
Zeloten. Die römische Besatzung wurde gegen den beschworenen
Vertrag niedergemacht. Doch auch unter den Zeloten selbst ent-
brannte der Parteihader. Im Heiligtnme selbst fielen sie über
einander her. Zunächst indes behielt Eleazar mit seinem Anhang
die Oberhand. Die Wiedersacher, Menahim und die Seinigen,
wurden elendiglich abgeschlachtet. „Nun flutete der Kampf zwischen
Inden und Heiden über das ganze Land." In den größeren
Städten unterlagen die Juden zumeist der Hinterlist und Gewalt
der Römer und Griechen. Aus den Gebirgen des Landes brachen
die Räuberbanden hervor und vereinigten sich mit den wild
fanatisierten Scharen der Bauern, um alles jüdische Land von der
Verunreinigung durch die Heiden zu befreien. Allerorts, nicht in
Palästina allein, sondern auch in Ägypten und Syrien, derselbe
Vernichtungskampf zwischen Juden und Nichtjuden.
Endlich zieht von Syrien her ein römisches Kriegsheer unter