Full text: Die vaterländische Geschichte von 1648 bis 1815 (Teil 3)

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wegen des Ablaßhandels hart angegriffen hatte, die Kirche reformieren 
wolle, seiner Ansicht nach konnte das nur von einem Konzil geschehen; 
auch ließen ihn die Bauernaufstände revolutionäre Aufstände des Volkes 
gegen die Fürstenmacht befürchten. Trotz seiner feindseligen Stellung zur 
neuen Lehre konnte er aber nicht verhindern, daß diese in seinem eigenen 
Lande feste Wurzeln faßte und seine Gemahlin Elisabeth ihr zugetan Lebtet« 
war. Ehe er starb, befahl er seinen Söhnen Joachim und Johann, bei Sit 
dem alten katholischen Glauben zu bleiben. Gegen die Erbordnung seines m?erÖUf 
Großvaters hatte er verfügt, daß Johann die Neumark und Joachim die?rg!' 
übrigen märkischen Länder und die Kurwürde erhalten solle. 
Joachim II. Hektor und Johann von Küstrin (1535—1571). 
Joachim II. war ein gutmütiger und prachtliebender Herr, dessen milder 
und freundlicher Sinn jedes schroffe Auftreten zu vermeiden suchte; Johann 
dagegen war kurz und fest, sparsam und ordnungsliebend, lebte aber mit 
dem Bruder in größter Eintracht. Beide waren auch der neuen Lehre 
ergeben, und obgleich sie dem Vater gelobt hatten, nicht vom alten Glauben 
abzufallen, so führte doch Johann sofort nach Übernahme seiner Herrschaft 
die Reformation in der Neumark ein. Joachim, der immer gehofft hatte, 
ein deutsches Konzil würde die Reform zustande bringen, gab endlich dem 
lutherisch gesinnten Bischof von Brandenburg, Matthias von Jagow, 
den Auftrag, 1539 die Reformation in der Mark einzuführen, und 
am 1. November 1539 trat er selber zu Spandau öffentlich zur i539 
lutherischen Kirche über. Schon tags darauf folgten Berlin und 
Kölln, bald das ganze Land.*) 
Joachim hatte sich zwar in einem Türkenkriege den Beinamen „Hektor" 
erworben, er war aber doch ein friedliebender Fürst. In dem schmalkal- 
dischen Kriege trat er vermittelnd zwischen den streitenden Parteien auf 
und zeigte sich während der Wirren des Krieges besonnen und umsichtig.2) 
Durch Verträge legte er den Grund zu dem späteren Wachstum seines 
Staates: Im Jahre 1537 schloß er eine Erbverbrüderung mit dem 
Herzog Friedrich von Liegnitz, Brieg und Wohlau, nach der 1537 
im Falle des Aussterbens der Herzöge die Länder Liegnitz, Brieg und 
Wohlau an Brandenburg fallen sollten.3) Zu solchem Vertrage stand den 
schleichen Herzögen auf Grund alter Urkunden das Recht zu. Zwar 
erklärte (1546) König Ferdinand von Böhmen, der Lehnsherr des Herzogs, 
den Vertrag für null und nichtig, und im Jahre 1675, als die Herzöge 
*) Die Einführung der Reformation in Brandenburg 1589 nach Peter Hafftiz. 
2) Der Kurfürst Joachim II. im schmalkaldischen Kriege nach Peter Hafftiz. 
3) Die Erbverbrüderung mit den Herzögen von Liegnitz, Brieg und Wohlau. 
Hetnze-Rosenburg. Die Geschichte. III. 2. Aufl. 2
	        
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