Full text: Die vaterländische Geschichte von 1648 bis 1815 (Teil 3)

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Königsberg aus bei dem Könige von Polen um die Mitbelehnung zu be- 
werben. Ehe er jedoch das Ziel seiner Reise erreichte, erhielt er die 
Kunde von dem Tode seines Vaters, und er konnte vorläufig nur durch- 
setzen, daß er (1609) mit der Vormundschaft über Herzog Albrecht Friedrich 
betraut wurde; die Mitbelehnung mit Preußen erfolgte erst 1611. So 
gesichert konnte Johann Sigismund in Ruhe dem Tode seines Schwieger- 
Vaters entgegensehen, und als dieser 1618 erfolgte, trat Johann Sigis-isis 
mund in den unbestrittenen Besitz des polnischen Lehnslandes 
Preußen, das einst die Grundlage des erweiterten Staates der Hohen- 
zollern werden sollte. Durch seine Gemahlin Anna erwarb er auch An- 
sprüche auf das Herzogtum Cleve, und als 1609 der kinderlose Herzog 
von Cleve, Johann Wilhelm, starb, machte er seine Ansprüche geltend 
gegen Wolfgang Wilhelm von Neuburg. Nach vielen Streitigkeiten, nach- 
dem er auch 1613 zur reformierten Kirche übergetreten war, erwarb 
er im Teilungsvertrag zu Xanten (1614) die Länder Cleve, Mark 
und Ravensberg für Brandenburg (Teil II, S. 192). Die Nachfolger 
Johann Sigismunds hatten nun die Aufgabe, die drei großen, aber ge- 
trennten Gebiete Brandenburgs in einem Geiste zu regieren und durch 
weitere Erwerbungen zu einem Staatsganzen abzurunden. Als aber der 
dreißigjährige Krieg über Deutschland hereinbrach, schien es, als könne das 
eben Erworbene kaum geschützt werden, da der charakterschwache 
Georg Wilhelm (1619—1640) seinem Vater gefolgt war. Unter ihm 
geriet Kurbrandenburg in das größte Elend. Geleitet von feinem katholischen 
und zu den Habsburgern hinneigenden Kanzler Adam von Schwarzen- 
berg, der allerdings wohl mit zu schweren Anschuldigungen belastet wird, 
schwankte er unentschieden zwischen den Parteien hin und her. Statt, wie 
es schon sein Vater getan hatte, gegen den Kaiser Partei zu nehmen und 
dadurch die Macht der Evangelischen beträchtlich zu vergrößern, wollte er 
ängstlich eine Neutralität beobachten, die zum Verderben der armen Mark 
von keiner der kriegführenden Mächte beachtet wurde. So geschah es, daß 
abwechselnd Mansfeld, Wollenstem und die Schweden das Land verwüstend 
durchzogen. Diese wurden Brandenburgs Feinde, als Georg Wilhelm 
(1635) dem Prager Separatfrieden beigetreten war; Baner suchte nach 
dem Wittstocker Siege die Kurmark, deren Not durch die Pest noch ver- 
mehrt wurde, entsetzlich heim. Berlin und Kölln, die um das Jahr 1600 
an 14000 Einwohner gezählt hatten, zählten nur noch 6000 Bewohner. 
Nicht beffer verfuhren bald darauf die Kaiserlichen, so daß Georg Wilhelm 
in seiner Verzweiflung die Mark ganz verließ und sich in Preußen auf- 
hielt, wo er 1640 starb. 
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