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b) Die Geschichte des Herzogtums Preußen bis zu seiner Bereinigung
mit Brandenburg im Jahre 1618,
1. a) Die alten Preußen. Die Preußen (Pruti oder Pruteni) ge¬
hörten wie die Litauer und Letten zu einem den Slawen und Germanen
nahe verwandten Stamm. Ihre Wohnsitze lagen zwischen der Weichsel und
der Nogat, der Angerapp und dem Memeldelta. Das Land war dünn
bevölkert, zum großen Teile mit Wäldern, Sümpfen und Seen bedeckt.
Auf den Lichtungen und an den Ufern der Gewässer erhoben sich Dörfer
und Höfe, Städte gab es nicht. Zur Verteidigung dienten zahlreiche
Burgen (die jetzt sogen. Schloßberge) und Verhaue. Die Hauptbeschäftigung
der Preußen war die Jagd auf Auerochsen, Biber, wilde Pferde, Bären,
Luchse und das Elen, daneben der Fischfang und die Viehzucht; aber auch
der Ackerbau wurde mit ziemlichem Geschick betrieben. Ihre Sitten waren
einfach; gerühmt wird ihre Gastfreundschaft auch Fremden gegenüber. —
Ihre Religion war ein einfacher Naturdienst. Sie verehrten viele Götter,
unter ihnen Kurche, den Gott der Ernte. Tempel errichteten sie nicht,
als Stätten der Gottesverehrung dienten zahlreiche heilige Wälder. Ein
Hauptheiligtum war im Walde zu Romowe. Hier wohnte der Oberpriester,
der Griwe, der bei allen umwohnenden Stämmen in großem Ansehen stand.
Das Volk der Preußen bildete keinen einheitlichen Staat. Es teilte
sich nach den Gauen in mehrere Stämme. Für den Krieg wählte jeder
Gau einen Anführer. Solche Gaue waren Pomesanien, Pogesanien,
Ermland, Natangen, Barten, Samland, Galinden. Im Süden von Preußen
lag das polnische Herzogtum Masowien; den Polen gehörte auch das
Kulmerland zwischen Drewenz, Weichsel und Ossa. Die Landschaften
im Westen der Weichsel bis zur Leba bildeten das slawische Herzogtum
Ostpommern oder Pommerellen.
fo) Bekehrungsversuche. Die Preußen verblieben lange im Heidentum.
Den ersten Versuch, sie zu bekehren, machte der Bischos Adalbert von Prag,
der Freund Kaiser Ottos III. Von Polen aus kam er 997 die Weichsel
abwärts nach Danzig, fuhr auf einem polnischen Schiffe über das Frische
Haff und landete im Samlande. Da er unwissentlich einen heiligen Hain
betreten hatte, wurde er von den Heiden erschlagen. Kurze Zeit darauf
wurde ein zweiter Missionar, Bruno von Querfurt, von den Preußen
ermordet. Der Tod dieser Männer schreckte andere von ähnlichen Ver-
suchen zurück, und erst am Ansänge des 13. Jahrhunderts wagte es ein
polnischer Mönch, Christian, von neuem, den Preußen das Christentum
zu predigen. Er wirkte im Süden des Landes mit solchem Erfolge, daß
ihn der Papst zum Bischof von Preußen ernannte. Aber seine Verbin-