Full text: Die vaterländische Geschichte von 1648 bis 1815 (Teil 3)

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lebhaft denkende Prinz durch den Religionsunterricht nicht befriedigt, sondern 
zurückgestoßen wurde. Mit der militärischen Ausbildung wurde es 
sehr ernst genommen. Zur Übung des Prinzen im Waffendienste wurde 
schon 1717 eine Kadetten-Kompagnie errichtet, und im zwölften Jahre war 
Friedrich im militärischen Dienste schon so sicher, daß er dem zum Besuch 
am Hofe weilenden Könige von England seine Kadetten zur größten Zu-- 
friedenheit vorführen konnte. 
2. Entfremdung zwischen Vater und Sohn. Mit zunehmendem Alter 
zeigte Friedrich mehr und mehr außerordentliche Fähigkeiten des Geistes, 
und zugleich entwickelte sich in ihm eine große Neigung zu Wissen- 
schuft und Kunst, die ihn keinen Geschmack mehr am Soldatenwesen 
finden ließ; auch die Jagd und die Unterhaltung im Tabakskollegium 
fesselten den Kronprinzen nicht. Seine liebste Erholung fand er außer 
bei den Büchern in der Musik. Bald trat deswegen ein schroffer Gegen- 
satz zwischen Vater und Sohn hervor. Es verdroß den König, daß 
Friedrich sich lau gegen den Religionsunterricht verhielt, noch mehr aber, 
daß er die militärischen Übungen nicht mehr mit Lust und Liebe trieb. 
Das war dem Vater ein Ärgernis, und oft sagte er: „Fritz ist ein Quer- 
Pfeifer und Poet, er macht sich nichts aus den Soldaten und wird mir 
meine ganze Arbeit verderben." Mit Kummer bemerkte der Vater, wie 
die Neigungen seines Sohnes so verschieden von den seinigen waren. Er 
sah seinen ganzen Erziehungsplan vereitelt und erblickte im Geiste seinen 
Sohn als einen Schwächling auf dem Thron, der das zu Grunde richtete, 
was er mit seiner Lebenskraft erbaut hatte. Gerechter Zorn ergriff den 
König, als Friedrich Schulden machte und sich schlechten Umgang wählte. 
Neuen Grund zu Ärgernissen bot die von England und der Königin 
Sophie Dorothea lebhaft betriebene Heiratsangelegenheit. Es kam zu 
höchst bedauerlichen Auftritten zwischen Vater und Sohn; der leidenschaft- 
lich heftige König ließ sich sogar zu körperlichen Züchtigungen des längst 
dem Knabenalter entwachsenen Sohnes hinreißen. 
3. Friedrichs Flucht und innere Läuterung. Endlich faßte der Krön- 
prinz den verzweifelten Entschluß, nach England zu entfliehen und zwar 
auf einer Reife, die fein Vater mit ihm nach Süddeutschland unternahm 
(1730), um die süddeutschen Fürsten zur Annahme der pragmatischen Sanktion 
zu bewegen. Der Lieutenant von Katte von der Garde und der Lieutenant 
von Keith in Wesel, seine Vertrauten, sollten ihm dabei behilflich sein. 
Als er nach dem Dorfe Steinsfurt auf dem Wege von Heilbronn nach 
Heidelberg kam, hielt ein ihm ergebener Page in der Nacht vom 4. zum 
5. August Pferde zur Flucht bereit. Sein frühzeitiges Aufstehen wurde
	        
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