Full text: Die Alte Geschichte (Teil 1)

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der unglückliche Vater sich daran gesättigt hatte, den Kopf des Erwürgten 
darreichen. Harpägns unterdrückte seine Gefühle und sagte, was der König 
thne, das sei wohlgethan. In seinem Herzen aber sann er darauf, den 
Astyages um sein Reich zu bringen. Danach ging Astyages mit denselben 
Traumdeutern, die ihm die früheren Traumgesichte ausgelegt hatten, zu 
Rate, obCyrus am Leben bleiben solle oder nicht. Diese waren der Meinung, 
daß des Königs Träume durch das Königsspiel des Knaben bereits in Er- 
sülluug gegangen wären, und daß Astyages nun nichts mehr von ihm zu 
fürchten habe. Damit war der Mederkönig zufrieden und schickte nun den 
Cyrns zu seinem Vater in das Land der Perser. 
Als Cyrns nun heranwuchs und wacker und beliebt wurde vor allen 
seinen Gespielen, lag ihm Harpägus an und sandte ihm Geschenke, weil 
er groß Verlangen trug, Rache zu nehmen an dem Astyages. Er trat 
heimlich mit den medischen Großen in Verbindung und gewann sie für 
den Plan, den Astyages vom Thron zu stoßen und den Cyrns an seine 
Stelle zu setzen. Als er diesem so den Weg bereitet hatte, schickte er einen als 
Jäger verkleideten Diener zu Cyrus mit einem Hasen und ließ ihm sagen, 
er möge diesen in niemandes Gegenwart aufschneiden. Im Bauch des 
Hasen aber lag ein Brief, worin Cyrus aufgefordert wurde, die Perser 
zur Empörung zu bringen und Rache zu nehmen an seinem Mörder 
Astyages; in Medien sei alles bereit, ihn als König anzuerkennen. Das 
war genug sür den hochstrebenden Cyrus, sogleich die Hand ans Werk zu 
legen. Um seine Perser zu dem Wagnis zu bewegen, zeigte er ihnen wie 
in einem Bilde, um was es sich handle und welch einen Gewinn ihnen 
das Gelingen verheiße. Er versammelte sie und gab ihnen das mühselige 
Tagewerk auf, ein großes Dornengesilde urbar zu machen. Am folgenden 
Tage bewirtete er sie mit Wein und trefflichen Speisen, und am Ende des 
Schmauses fragte er sie, ob sie diesem Leben oder dem des vorigen Tages 
den Vorzug gäben. Und da sie nun alle für den Freudentag stimmten, 
sagte er: „Also steht es mit euch, ihr persischen Männer. Wenn ihr mir 
folgen und das medische Joch abschütteln wollt, werden euch immer Genüsse 
wie die heutigen und viele andere der mannigfachsten Art zu teil werden, 
wenn aber nicht, so werdet ihr stets zahllose Beschwerden haben, den 
gestrigen gleich. Folget mir also und macht euch frei." Die Perser, der 
medischen Herrschaft längst müde, folgten ihm gern in den Streit. 
Astyages war aber fo verblendet, daß er dem Heere, das er den 
Persern entgegensandte, den Harpägus zum Führer gab. Als es nun zum 
Streite kam, ging Harpagus mit denen, die um die Sache wußten, zu den 
Persern über, die andern wurden überwunden und flohen. Astyages
	        
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