Full text: Quellen-Lesebuch für den Unterricht in der vaterländischen Geschichte

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Derselbe soll ein Laie sein wegen der Bluturteile, die zu schreiben einein 
Geistlichen nicht erlaubt sind, und außerdem, damit, wenn er in seinem Amte 
„anders thue, denn er zn Recht soll," er gebührend bestraft werden kann. Im- 
gleichen soll er einen Eid leisten nach der Eidesform, wie sie ein Richter schwört, 
daß er treu uud gesetzlich in dem Amte sich verhalten wird und nichts schreiben 
noch tbuu will gegen Recht und Gebühr, nach dem Gewissen guten Glaubens 
ohne alle List uud Falschheit. 
Für die allgemeine Ordnung und die Ruhe des Reiches fiud diese Ver¬ 
ordnungen verfaßt uud verkündet worden nach Rat und Beistimmnng der Fürsten, 
sowohl geistlicher wie weltlicher sowie auch sehr vieler Edleu uud anderer Ge- 
treuen des Reiches auf feierlichem Reichstag, abgehalten zu Mainz im Jahre 
der Menschwerdung des Herrn 1235 im Monat August, unter der Regierung 
des Herrn Friedrich II., des durch Gottes Gnade unbesiegtesten Kaisers der 
Römer, immer Augustus, Königs von Jerusalem und Sizilien, im 15. Jahre 
seiner Kaiserherrschaft, im 10. seines Königtums von Jerusalem, vou Sizilien im 37. 
Mit Glück. Amen. 
35. Ketzerverfolgungen. Konrad von Warburg. 1231—34. 
„ Wormser Jahrbücher. " Lateinisch. Sie sind auf Veranlassung der Bürger- 
schaft von Worms verfaßt worden. Leider bestehen sie nur in Bruchstücken, die aber für 
die Reichsgeschichte sehr inhaltsreich sind. Sie reichen von 1221—1298. 
Im Jahre des Herrn 1231 erhob sich eine bejammernswerte Plage 
und ein überaus schweres Verhängnis durch göttliche Zulassung. Es kam 
nämlich ein Bruder, Namens Konrad Dorso, er war vom Orden der 
Predigermönche (Dominikaner) und führte mit sich einen weltlichen Mann, 
Namens Johannes der einäugig und ein Krüppel und in Wahrheit ein ganz 
schlechter Mensch war. Diese beiden fingen zuerst in den oberen Landen 
mit den Armen an, indem sie vorgaben, die Ketzer zu kennen, und sie be- 
gannen, da einige ihre Schuld bekannten und von ihrer Sekte nicht lassen 
wollten, diese zu verbrennen. Und als das Volk sah, daß sie solche ver¬ 
brannten, begünstigte und unterstützte es die beiden beständig und stand 
ihnen bei und dies nach Verdienst, weil die Ketzer des Todes würdig waren. 
Als aber die beiden das Volk geneigt erblickten, gingen sie immer weiter 
und ergriffen in jeder Stadt und in jedem Dorfe, wen sie wollten, indem 
sie keinen anderen Beweis vorbrachten, als daß sie zu den Richtern sagten: 
„Diese da sind Ketzer, wir ziehen unsere Hand von ihnen ab." Und so 
mußten denn die Richter jene und noch andere dem Feuertode überantworten. 
Und sie beachteten nicht Vorschrift und Ordnung der heiligen Schrift. Hier- 
über war an allen Orten die Geistlichkeit sehr betrübt. Weil aber das 
Volk jenen ungerechten Richtern überall anhing, so war ihr Wille überall 
von großer Macht. Und sie verbrannten viele, welche in der Stunde des 
Todes von ganzem Herzen uusern Herrn Jesus Christus anriefen und noch 
im Feuer mit starker Zunge die Hilfe der Gottesmutter und aller Heiligen 
anflehten. Höret, wie groß dies Elend war! Da aber jene ungerechten
	        
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