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v. Heinemann: Albrecht der Bär.
der Geistlichkeit einnahm, und welche aus einer herzlichen und aufrichtigen
Frömmigkeit hervorgegangen zu sein scheint. Stets ist er mit den Erz-
bischösen und Bischöfen Norddeutschlands in gutem Einvernehmen gewesen,
und nie hat er seine Macht mißbraucht, um sich auf Kosten derselben Länder
und Einkünfte anzueignen. Alte und wohlerworbene Rechte seines Hauses
hat er lieber aufgegeben, als daß er das enge Verhältnis, welches ihn mit
dem Magdeburger Erzbischofe verband, in Frage gestellt hätte. Dennoch
haben ihn die Freigebigkeit, mit welcher er die Kirchen bedachte, und der
Eifer, mit welchem er für die Wiederherstellung der wendischen Bistümer
sorgte, nie über die von der Klugheit und der Rücksicht auf seine Familie
gebotenen Grenzen hinübergeführt.
Der Schwerpunkt seiner historischen Bedeutung lag aber in der Politik,
welche er in den weltlichen Dingen verfolgte. Unter vier deutschen Königen
hat er im großen und ganzen, unbeirrt durch den Wechsel des Glückes und
die oft ungünstigen Gesamtverhältnisse des Reiches, mit Ausdauer und Erfolg
nach demselben Ziele gerungen. Die Vermehrung seiner Hausmacht, die
Erwerbung wichtiger Ämter und bedeutender Länder ging hier völlig Hand
in Hand mit dem Interesse des Reiches und dem Bestreben der römischen
Kirche. Die Politik Ottos des Großen, welche bereits die Eroberung des
Wendenlandes und die Bekehrung seiner Bevölkerung in Aussicht genommen
hatte, fand damals nach jener Richtung hin eine erfolgreiche Wiederaufnahme,
nicht zwar durch die oberste Gewalt im Reiche, sondern durch einige aus-
gezeichnete Fürsten Norddeutschlands, welche die Bedeutung jener Landschaften
für die Zukunft unseres Volkes würdigten und die Notwendigkeit ihrer Unter-
werfung und Germanisierung erkannten. Unter ihnen steht Albrecht in erster
Reihe. Ihn muß man als den Neubegründer jener Ottonischen Politik
ansehen, und obschon er später durch seinen Nebenbuhler, den Sachsenherzog,
auch in dieser Hinsicht mag überflügelt worden sein, so gebührt ihm doch
ohne allen Zweifel der Ruhm, die Initiative in dieser für die Entwicklung
des deutschen Volkes hochwichtigen Sache ergriffen zu haben.
Niemand hat an der günstigen Wendung, welche während der Regie-
rung Lothars und der beiden ersten Kaiser aus dem Staufischen Hause für
die endliche Bezwingung der Wenden, für die Germanisierung der von ihnen
bewohnten Landstriche und die Ausbreitung des Christentums unter ihnen
gegeben war. einen größeren Anteil als Albrecht der Bär. Mit aller Ent-
schiedenheit und der ganzen Rastlosigkeit seines Wesens warf er sich in
diese Politik, seit er auf den Besitz des Herzogtums Sachsen hatte verzichten
müssen. Durch den Frieden von Frankfurt ward er nach Osten gewiesen;
hier suchte er Ersatz für das. was er im Westen nicht hatte erreichen können.
Die Gewalt der Waffen und geschickte Benutzung der Umstände unterwarfen
ihm endlich das Wendenland bis an die Spree. Damit war der Weg