§ 18. Kurfürst Friedrich August I. (August der Starke) von Sachsen usw. 75
Streben nach unumschränkter fürstlicher Macht, die nur die eigenen Interessen,
nicht das Wohl des Volkes im fluge hatte.
2. Sein Verhältnis zum Kaiser.
tDettinischer Gewohnheit gemäß schloß er sich nach Antritt seiner Regierung
eng an den Kaiser an. Dieser übertrug ihm den Oberbefehl über das gegen die
Türken kämpfende Heer. Er erwarb sich bei den Türken den Namen „Eisen-
Hand", fand aber bald keinen Geschmack mehr an dem langweiligen Lagerleben
und gab den Oberbefehl wieder ab.
Das sächsische Heer blieb bis auf weiteres unter dem Befehle des Prinzen
Eugen in Ungarn, beteiligte sich an der ruhmreichen Schlacht bei Zenta (1697)
und kehrte dann nach Sachsen zurück.
vgl. Attas a. a. S. 88.
August der Starke erfreute sich im ferneren verlaufe seiner Regierung —
nicht aus Gunst, sondern infolge der eigenartigen Zeitumstände — zumeist der
Förderung seiner Pläne durch den Kaiser, weil seine Heinde in der Hegel auch
dessen Heinde waren. Gegen Ende seines Lebens war er aber nicht abgeneigt,
ins Lager der Gegner des Kaisers überzugehen.
3. Die Erwerbung der polnischen Königsfrotte und der Übertritt vom Luthertum zum
Katholizismus. 1697.
Das Königreich Polen war ein Wahlreich. In keinem Lande Europas
war das Königtum gegenüber dem selbstsüchtigen Adel so ohnmächtig wie dort.
Dem Könige waren mit dem Titel nur die Ehre geblieben und die Pflicht, durch
Festlichkeiten und große Geschenke den Adel in guter Stimmung zu erhalten.
Das völlig rechtlose Volk, für das von feiten der Regierung durchaus nichts ge-
schah, lebte in unwürdiger Bedrückung durch die Adligen und in beispielloser Un¬
bildung dahin. Es hatte und suchte keinen Einfluß auf Regierungsform und Wahl
des Herrschers.
Im Jahre 1696 starb König Johann Sobieski, der Befreier Wiens. Ein
halbes Dutzend Zürsten bewarben sich um die Krone, darunter als aussichtsvollster
Bewerber ein verwandter Ludwigs XIV., ein Prinz Eonti. Als siebenter Be¬
werber trat erst später hinzu Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen.
Dem ehrgeizigen Bürsten war die Königskrone trotz der oben berührten
polnischen Mißstände aus denselben Gründen begehrenswert, wie gleichzeitig
dem brandenburgischen Kurfürsten die preußische und dem hannoverschen Kur-
fürsien die englische Königskrone.
mit Hilfe ungeheurer Bestechungsgelder schlug Kiedrich August alle seine
Mitbewerber aus dem Seide, und er erfüllte auch die letzte Bedingung, die
polnischer Klerus und Hochadel an ihn stellten: er trat zum Katholizismus
über (1697 in der kaiserlichen Hofkapelle zu Baden bei Wien).
vgl. flirras a. a. ©., S. 88.
Schmiedet, Quellen z. sächs. Gesch., 5. 64ff.