Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Seminaren (Teil 2)

§ 39. Rudolf von Habsburg; 1273-1291. 139 
Die Kurfürsten standen an der Spitze der Reichsstande. zu denen 
außer ihnen noch viele andere selbständige Herren gehörten: Lerzöae, 
die von den alten Stammesherzogtümern nur noch den Namen führten, 
Burg-, Land- und Pfalzgrafen, Grafen und Ritter, so daß man 
über 100 weltliche Stände zählte. Daneben gab es gleichfalls über 100 
geistliche Gewalthaber: Erzbischöse, Bischöfe, Reichsäbte, Ordens¬ 
herren. Die Reicftsstände lagen in fortwährendem Kampfe mit den 
Land ständen, d. i. dem Adel und der Geistlichkeit,. .dcu. Stadien* die nicht 
FeTiJIfmTTondern den Reichssianden untertan waren. Auch sie strebten 
ihren Gewalthabern gegenüber nach immer größerer Selbständigkeit, und 
das deutsche Land war voll von Fehde zwischen denjenigen Ständen, 
welche um ihre Macht, und denen, welche um ihre Freiheit kämpften; 
beide nahmen für sich das Recht in Anspruch, durch „Absagebriefe" den 
anderen die Fehde anzusagen, die meistens doch nur der Dectmaute^für 
Raub und Unrecht war.* 
v. Das Interregnum; Rudolfs Wahk Die Zeit, in der dem 
Reiche ein eigentliches Oberhaupt fehlte, nennt man das Interregnum, 1254 
d. i. Zwischenreich (1254—1273). Es war die „kaiserlose, schreckliche J’At» 
Zeit", die Zeit des Faustrechts, da kein anderes Recht galt als das, 
welches sich die eisenbewehrte Faust erkämpfte. Am meisten litt darunter 
der handeltreibende Bürger und der Bauer. Deshalb schlossen zunächst 
die rheinischen Bischofsstädte und ihre Risch öse^^54 den rheinischen 
Städtebund, dem auch viele andere deutsche Städte, wie Bremen, Nürn¬ 
berg und Regensburg, beitraten. Sie wollten die von den Landesherren 
eingerichteten ungerechten Zollstätten beseitigen, Friedensstörer bestrafen, 
die Bauern schützen und entstehende Streitigkeiten schlichten. König Wilhelm 
(S. 113) stellte sich sogar an die Spitze dieses Friedensbundes, der etwa 
100 Städte umschloß. Doch schon nach zweijährigem Bestehen erlitt der 
Bund einen unersetzlichen Verlust: König Wilhelm wurde 1256 von frie¬ 
sischen Bauern erschlagen, und die Neuw ahI^M?te"^n^Du^^"D7e 
stäüsych gestirnten Städte Italiens hatten schon 1254 Alfons von Kastilien, 
einen Enkel König Philipps (S. 110), gewählt, dem es gelang,' den Ärz- 
bischof von Trier, den Herzog von Sachsen, den Markgrafen von Branden¬ 
burg u. a. für sich zu gewinnen. • Der Erzbischof von Cöln, dessen Haupt¬ 
stadt einen lebhaften (Wein-) Handel mit England betrieb, entschied sich 
nebst Mainz und Pfalz für Richard von ,Cornwall, den Bruder des 
Königs von England. Beide wurden fast gleichzeitig (1257) gewählt. 
Zum Bürgerkriege kam es nicht; denn Alfons kam niemals nach Deutsch¬ 
land; aber auch Richard, der hier dreimal erschien, blieb ohne Macht und 
Ansehen. Der rheinische Städtebund löste sich auf. 
Als König Richard 1272 starb, sehnte sich das deutsche Volk nach 
einem Herrn, der Recht und Gerechtigkeit schützen könne; auch hoffte der
	        
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