66 Neue Geschichte.
fängnis unterwerfen, wenn sein Freund am Leben bliebe. Kattes Haupt
fiel. Friedrich sank ohnmächtig zusammen, und als er wieder zu sich
kam, sah er nur noch den Leichnam seines Freundes. Er erhielt dann
einen Brief Kattes, in welchem dieser sein leichtfertiges Leben bereute
und den Prinzen bat, dem Könige nicht zu grollen, da dieser nur der
Gerechtigkeit Gottes gedient habe.
Über Friedrich war die Untersuchung noch im Gange. Es gab
Stunden, in welchen der König ihm das Schicksal Kattes bereiten zu
wollen schien. Von verschiedenen Höfen gingen Vorstellungen und Für-
bitten ein; die Generale, welche den Prinzen kriegsrechtlich verurteilen
sollten, sagten dem Könige, er dürfe nach den Reichsgesetzen das Land
nicht seines künftigen Königs berauben. Als hierüber ein heftiger Auf-
tritt stattfand, riß von Buddenbrock seine Uniform auf und rief:
„Wenn Eure Majestät Blut verlangen, so nehmen Sie meines; jenes
bekommen Sie nicht, so lange ich noch sprechen darf!"
Auf Friedrich selbst hatte die lange Haft, der Brief seines
Freundes und die vielen Besuche des Feldpredigers Müller eine heilsame
Wirkung gehabt. Letzterer berichtete darüber an den König und bat ihn,
„nach dem Stempel Gottes barmherzig zu sein." Der König ließ
seinem Sohne antworten: „Ich kann Ihm zwar noch nicht pardonnieren,
aber ich werde Ihn doch aus unverdienter Gnade aus dem scharfen
Arrest entlassen." Der Kronprinz gelobte darauf, den vom Könige
verlangten Eid zu leisten, daß er in Zukunft den strengsten Gehorsam
leisten wolle. Friedrich erhielt jetzt seinen Degen zurück, aber noch nicht
die Uniform. Am Tage nach der Eidesleistung wurde er in die Kriegs-
und D omainen kämm er zu Küstrin eingeführt. Hier mußte er täglich
sieben Stunden arbeiten und erhielt abends Unterricht in einzelnen Zweigen
der Verwaltung. Der Prinz sollte namentlich auch Anschläge von
Grund und Boden machen lernen und sich um Viehzucht bekümmern,
damit er kennen lerne, „wie schwer es dem Bauer falle, so viel Groschen
zu erarbeiten, als zu einem Thaler gehören." Als er nach einiger Zeit
dem Könige einen Plan zur Verbesserung der Spinnwerke vorlegte,
äußerte dieser Zweifel, ob Friedrich die tüchtige Arbeit verfaßt habe.
Noch mehr erfreute es den König, als man ihm meldete, sein Sohn
sei für religiösen Zuspruch immer mehr empfänglich geworden. Da ent-
schloß sich der Vater seinen Sohn wiederzusehen. Er kam nach Küstrin
(15. Aug. 1731); als der Sohn in Thränen ausbrach und ihm zu
Füßen sank, wurde ihm verziehen; doch erhielt er seine volle Freiheit
noch nicht zurück. Bisher hatte er die Festung Küstrin nicht verlassen
dürfen; jetzt wurde ihm gestattet, in Begleitung erfahrener Männer
Ausflüge in die nächste Umgegend zu machen, um sich über Ackerbau,
Viehzucht und Brauwesen zu unterrichten. Bei der Hochzeit seiner
Schwester Wilhelmine, die auch ein Jahr lang ans ihrem Zimmer
eine Art Gefangenschaft erduldet hatte, mit dem Erbprinzen Friedrich
von Baireuth, führte der König seiner Gemahlin den Sohn mit den