Full text: Neue, speciell preußische Geschichte (Teil 3)

Friedrich der Große. 67 
Worten entgegen: „Da hast Du nun Deinen Fritz wieder!" Aus die 
Bitten der sämtlichen Berliner Offiziere ward Friedrich am Tage darauf 
wieder in die Armee aufgenommen. Dann arbeitete er noch drei Mo- 
nate in Küstriu, wo er die ernste strenge Arbeit lieben lernte. 
Dem Vater zu Liebe gab Friedrich jetzt sogar seine englischen 
Heiratspläne auf und nahm (12. Juni 1733) eine Nichte des Kaisers, 
die Prinzessin Elisabeth Christiane von Braunschweig-Bevern, zur 
.Gemahlin. Wahre Neigung hat er gegen dieselbe nie empfunden; dennoch 
äußerte er gegen einen Freund: „Ich müßte der verächtlichste Mensch von 
der Welt sein, wenn ich sie nicht wahrhaft achten wollte." Vor der 
Hochzeit hatte er als Oberst eines Regiments in Ruppiu gestanden und 
den Vater durch treffliche Berichte und durch Übersendung „langer Kerls" 
erfreut; jetzt erhielt er in der Nähe jener Stadt das Schloß Rheinsberg, 
wo er im Kreise froher und hochgebildeter Freunde die schönste Zeit 
seines Lebens verbrachte. Besonders trieb ihn seine alte Vorliebe zu 
französischen Schriftstellern hin, und unter diesen zog ihn feiner sv 
sehr an, als Voltaire (spr. Woltär.) Dieser war ein höchst witziger 
Mann und in seinen Schriften gewandt und geistreich; aber nichts war 
ihm heilig, und selbst die höchsten Wahrheiten der Religion bespottete er 
ohne Scheu. Auch auf den Prinzen gewann er den höchsten Einfluß, 
und wenn dieser auch nicht in allen Pnnften dem leichtsinnigen Franzosen 
zustimmte, so verfiel er doch mehr und mehr dem Unglauben. 
2. Die ersten Negierungsjahre Ariedricks. 1740—1745. 
a. Die ersten Regierungshandlungen. Zu seinem Vater stand 
Friedrich in dieser Zeit im besten Verhältnis. (S. S. 56.) Er folgte 
ihm 1740; am 8. August nahm er die Huldigung entgegen. Noch eine 1740 
halbe Stunde lang schaute er in ernsten Gedanken auf die Menge des 
Volks hernieder. Seine ersten Thaten waren Werke des Friedens: er 
ließ in dem teuren Jahre seine Magazine offnen und Getreide zu billigen 
Preisen an die Armen verkaufen; die Folter wurde aufgehoben; die 
Riesengarde schaffte er ab und vermehrte dafür das Heer um 1600 Mann; 
die '„langen Kerls" wurden unter die anderen Regimenter verteilt, den 
Offizieren verbot er die gewaltsamen Werbungen, sowie die grobe Be¬ 
handlung der Soldaten. Die wilden Jagdvergnügungen hörten auf; 
dagegen zog er geistreiche Franzosen an die neu belebte Akademie und 
hob die Universität Halle. Weder die Hoffnungen feiner Freunde noch 
die Befürchtungen seiner Feinde erfüllten sich; er gestattete jenen keinen 
Einfluß auf die Regierung und nahm an diesen nicht Rache; dagegen that 
er denen Gutes, die seinetwegen gelitten hatten, wie z. B. der Familie 
von Katte. 
b. Der erste schlesische Krieg. Auch der Kaiser Karl VI. war 
im Jahre 1740 gestorben. Seine Tochter Maria Theresia sollte 
ihm folgen; aber ihr wurde das Erbrecht von Baiern streitig gemacht, 
dessen Kurfürst Karl Albrecht Anspruch auf sämtliche östreichische Erb- 
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