42 Zweite Periode.
Heimat verlassen. Deshalb unterzeichneten die meisten evangelischen
Stände den Friedensvertrag nicht.
4. Der franMsche Kof; Blüte der franMschen Kunst
und Wissenschaft.
a. Der Hof. Ludwig XIV. entfaltete an seinem Hofe einen bis
dahin beispiellosen Prunk. Da die älteren Königsschlösser ihm nicht mehr
genügten, schuf er sich in Versailles, sw. von Paris, in einer ur-
sprünglich unschönen Umgebung eine feenhafte Residenz. Wie die Sonne
unter den Sternen, leuchtete der König unter den Großen des Hofes.
Die Vereinigung der ausgezeichnetsten Köpfe der Nation am Hofe sollte
nur zur Verherrlichung des Königs dienen, ebenso wie ihm bei den Hof-
festen (Komödien, Maskeraden, Feuerwerken) stets die erste Stelle vor-
behalten blieb, damit seine Macht und Weisheit glänze. Auch achtete
Ludwig streng darauf, daß die Großen des Reichs regelmäßig bei Hofe
erschienen und genau die Etikette, d. i. die Hofsitte in Kleidung, Be-
wegnng, Begrüßung und jeder Äußerung des Verkehrs, beobachteten. Die
Widerstrebenden ließ er bald seine Ungnade fühlen. Mit Vorliebe be-
schäftigte sich Ludwig mit lächerlichen Kleinigkeiten; aber das war noch
nicht das Schlimmste. Sein ganzes Leben entbehrte des sittlichen Halts,
ja gerade von seinem Hofe gingen die Anregungen zu sittenloser Genu߬
sucht aus. Geblendet von dem Glänze des französischen Hofes, ließ sich
ganz Europa, vor allem aber Deutschland, zu blinder Verehrung und
Nachäffung verleiten. Bisher hatten sich die Staatsmänner im diplo-
matischen Verkehr der lateinischen Sprache bedient, jetzt herrschte dort
wie auch in der feinen Gesellschaft die französische Sprache. Viele, auch
deutsche Fürsten, ahmten nicht nur die Verschwendung und Etikette,
sondern selbst die Sittenlosigkeit des französischen Hofes nach. Statt der seit
Karl V. herrschenden spanischen Tracht kam die gefallsüchtige französische auf.
Männer und Frauen trugen buntfarbige, mit Silber, Gold und selbst
Diamanten besetzte und mit Spitzen und bunten Bändern verzierte Ge-
wänder aus Samt und Seide, die Männer eine lange, wallende Pe-
rücke, seidene Strümpfe, einen zierlichen Degen und unter dem Arme den
„Dreimaster", die Frauen eine hohe Haartracht, Reifröcke, Schnürleiber
und Schönheitspflästerchen. Diesen Vorrang behauptete Frankreich bis
in die Mitte des 18. Jahrhunderts; daher nennt man diesen Zeitraum
das Zeitalter Ludwigs XIV.
b. Kunst und Wissenschaft erlangten unter Ludwig XIV. in Frank¬
reich eine hohe Blüte. Im 17. Jahrhundert warf die Baukunst in
Übereinstimmung mit dem entarteten, zügellosen Sinn dieser Zeit die
strengen Regeln der Renaissance ab und folgte der Willkür. An die