Full text: Geschichte der Neuzeit seit 1648 (Teil 3)

Ludwigs XIV. Glanzzeit. 41 
Straß bürg, Wilhelm von Fürstenberg, zum Erzbischof von Köln ge- 
wählt zu sehen; alle deutschdenkenden Männer aber, auch der Kaiser und der 
Papst, waren gegen diesen französischen Söldling. In Wahrheit bewegten 
Ludwig XIV. Ländergier und Eisersucht auf die Erfolge des Kaisers im 
Türkenkriege (S. 61). Ilm seinen Gegnern das Eindringen in Frankreich 
zu erschweren, ließ Ludwig XIV. das ganze gesegnete Land der Pfalz 
und am Mittelrhein in eine Wüste verwandeln. Heidelberg ging zum 
Teil in Flammen aus; hohnlachend ließ der französische General Melac 
die Stadtmauern und die Türme des prächtigen Heidelberger Schlosses 
sprengen. Dann folgten die blühenden Städte und Dörfer an der Berg- 
straße. Die armen Einwohner, welche ihr Eigentum in Sicherheit bringen 
wollten, wurden erschlagen oder verjagt; überall lagen erfrorene oder 
verhungerte Menschen. In Mannheim mußten die Einwohner selber ihre 
Gebäude und Festungswerke zerstören Helsen; dann trieb man sie in die 
Winterkälte hinaus. Worms wurde bis auf den Dom in einen Aschen- 
Haufen verwandelt; in Speyer verjagten die Mordbrenner die Einwohner, 
zündeten die ausgeplünderte Stadt und den Dom an und trieben mit den 
Gebeinen der alten Kaiser ihren Spott. 
Diese Schandthaten des „allerchristlichsten" Königs empörten fast 
ganz Europa; alle Nachbarn Frankreichs — der Kaiser und die meisten 
deutschen Fürsten, England, Holland, Spanien, Savoyen und Dänemark — 
schlössen die große Allianz. Aber der Kaiser führte den Krieg am 
Rhein nur lau; er verwendete seine Kraft lieber zur Vergrößerung seiner 
Hausmacht gegen die Türken. Die Seele des Bundes war Wilhelm III. 
von Dramen, der von Ludwig XIV. allerdings auch am meisten zu fürchten 
hatte. Sieben Jahre lang wurde der Krieg ohne erhebliche Erfolge fort- 
gefetzt. Obwohl Ludwig XIV. seinen Gegnern überlegen war, sehnte er 
sich doch nach Frieden, weil die Kraft seines Landes erschöpft war und 
ein neuer großer Krieg in Aussicht stand, der ihm noch größeren Ge¬ 
winn versprach: der spanische Erbfolgekrieg (S. 67). Daher kam es 
1697 zu dem Frieden zu Ryswijk (nahe dem Haag), in welchem 
Deutschland, von seinen Bundesgenossen verlassen, Straßburg und die 
„Reunionen" im Elsaß, ebenso Saarlouis in den Händen der Franzosen 
lassen mußte, alles Übrige aber, also auch Lothringen, Freiburg, Breisach, 
Luxemburg zurückerhielt. Ludwig XIV. erkannte sogar seinen gefähr- 
lichsten Gegner, Wilhelm III., als König von England an. Im Ein- 
Verständnis mit dem Kaiser und Ludwig XIV. wurde dem Friedenstier- 
trage die „Ryswijker Klausel" angehängt, wonach der kirchliche Zustand 
in den von Frankreich zurückgegebenen Orten so bleiben sollte, wie er 
während der feindlichen Besatzung gewesen war. Dadurch wurde in 
vielen bisher evangelischen Gemeinden der Pfalz die katholische Lehre 
wieder eingeführt, und Tausende der reformierten Pfälzer mußten ihre
	        
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