Das Rittertum: Die geistlichen Ritterorden. — Die Kirche: Der Papst. 183
Der Turnierplatz war mit Sand bestreut und mit doppelten Schranken
umgeben, hinter denen das Volk stand. Für die Fürsten, Edelfrauen
und für andere vornehme Personen waren prachtvolle Sitze hergerichtet.
Unter rauschender Musik ritten die Kämpfer auf ihren schnaubenden
Rossen in strahlender Rüstung paarweise in die Schranken. Ein Herold
rief die beiden auf, welche zuerst gegeneinander streiten sollten. In vollem
Galopp sprengten beide gegeneinander los. Wer den Gegner durch einen
Stoß zu Fall brachte, oder, wie man sagte, aus dem Sattel hob, hatte
gesiegt. Oft zersplitterten die Lanzen, oder beide Kämpfer sielen aus dem
Sattel; auch schlug wohl einer, der fest saß und den Zügel nicht lassen
wollte, samt seinem Pferde rücklings über. Nach dem Lanzenstechen
folgte ein Schwertkampf zu Fuß oder zu Roß. Die Sieger erhielten
aus der Hand schöner Frauen den Dank oder Preis, der in wertvollen
Waffenstücken, einer goldenen Kette oder einem kostbaren Ringe bestand.
c. Die geistlichen Ritterorden. Infolge der Kreuzzüge bildeten sich
in Palästina Vereine von Rittern, in denen sich Ritterwesen und Mönchs¬
tum vereinigten. Das waren die drei geistlichen Ritterorden der
Johanniter, der Tempelherren und der Deutschherren, die eine
Zeitlang eine Hauptstütze des Königreichs Jerusalem waren. Die Mit¬
glieder dieser Orden zerfielen in Ritter, welche die Pilger geleiteten, in
Geistliche, welche den Gottesdienst besorgten, und in dienende Brüder,
welche die Krankenpflege ausübten und den übrigen Brüdern dienten,
selbst aber nie Ritter werden konnten. Alle mußten das Gelübde der
Kranken- und Armenpflege und die Mönchsgelübde ablegen; die
Ordensritter verpflichteten sich außerdem zum Kampfe gegen die
Ungläubigen. Der Deutsche Orden wurde 1190 von Barbarossas
Sohne Friedrich von Schwaben in Palästina gegründet; die Mitglieder
desselben mußten Deutsche sein; ihre Kleidung war ein weißer Mantel
mit schwarzem Kreuze. Nachdem Palästina an die Ungläubigen ver¬
loren gegangen war, ließ sich dieser Orden nach kurzem Aufenthalt in
Venedig in Preußen nieder.
2) Pie Kirche.
a. Der Papst. Die christliche Kirche erhielt während des Mittel¬
alters eine die ganze Welt umschließende Verfassung; der Papst ist da¬
nach unumschränkter Herr in derselben. Er allein beruft und leitet die
Konzilien, seine Aussprüche sind denen der Kirchenversammlung gleichge¬
achtet. Ihm gehört das gesamte Kirchenvermögen, er besetzt die Kirchen¬
ämter, und die Bischöfe müssen ihm den Huldigungseid schwören. Die
Geistlichen und ihr Besitz war der weltlichen Gerichtsbarkeit nicht unter¬
worfen; selbst Laien, welche in die Kirche oder auf den die Kirche um¬
gebenden Raum, die „Freiheit", flüchteten, waren dort Jahr und Tag