Object: Bilder aus der Götter- und Heldensage der Griechen, Römer und Deutschen (Teil 1 = Sexta)

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Abschied nahm, weil er in die Heimat zurückkehren mußte, gelobte 
er Dietrich stete Treue und Hilfsbereitschaft. Bald aber war er in 
der Lage, selbst von Dietrich Hilfe erbitten zu müssen. 
b) Dietrich und Caurtn. 
In den schroffen Felsenbergen Südtirols hauste damals der 
Zwergenkönig L a u r i n. Hoch oben wohnte er in einem unzu¬ 
gänglichen Felsenschlosse, das von einem herrlichen Rosengarten 
umgeben war und nach diesem den Namen trug. Ter Garten war mit 
einem goldenen Faden umzogen; wer diesen zerriß und Rosen raubte, 
den strafte Laurin durch Verlust der rechten Hand und des linken 
Fußes. In den Kellern des Rosengartens und in den Schluchten 
des nahe gelegenen Hohlen Steins hatte er unermeßliche 
Schätze an Gold und kostbaren Kleinoden aufgehäuft; durch aller- 
Hand Zaubermittel, über die er verfügte, und durch seine kriegerische 
Tüchtigkeit hielt er die weitverbreiteten Zwergvölker in strenger 
Abhängigkeit. überdrüssig seiner Einsamkeit hatte er sich nach 
einer Gattin aus den Fürstengeschlechtern der Menschen umgesehen. 
Wohl wußte er, daß ihm keine freiwillig in sein unterirdisches Reich 
folgen werde; so hatte er dam, unsichtbar gemacht durch seine 
Tarnkappe, die liebliche K ü n h i l d , die Schwester Diet- 
leibs, gewaltsam aus dem Kreise ihrer Gespielinnen entführt und 
im Hohlen Steine geborgen. 
Als nun Dietleib hilfesuchend nach Bern kam, fand er Dietrich 
gern bereit, das lockende Abenteuer zu bestehen, und beide brachen 
sofort auf. In Dietrichs Begleitung ritt Hildebrand mit seinem 
Neffen Wolfhart und mit Wittig. Der wegkundige Hildebrand 
übernahm die Führung, und nach mehrtägiger, oft recht schwie- 
riger Fahrt wurde das Ziel glücklich erreicht. Voll Entzücken standen 
die Helden beim Anblick der Hunderttausende blühender Rosen, 
die die Luft mit ihren balsamischen Düften erfüllten. Wolfhart 
aber und Wittig sprengten den goldnen Faden und tummelten sich 
unter den Rosenbüschen. 
Da erschien zum Schutze seines Rosengartens hoch zu Roß 
der König Laurin, ein kleiner, stämmiger Mann in voller Rüstung, 
die von Edelsteinen glänzte. Er herrschte die Frevler drohend an 
und forderte von ihnen die gebührende Buße. Beide antworteten 
mit Hohn- und Spottreden und stürmten auf den Zwerg ein. Der 
aber brauchte sie nur mit der Lanze zu berühren, in deren Spitze 
ein Zauber verborgen war, so stürzten die beiden Helden gelähmt 
zu Boden, und Laurin, der vom Rosse stieg, machte sich daran, 
sie an Hand und Fuß zu büßen. 
Nun brach Dietrich gegen ihn vor, und es entspann sich zwischen
	        
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