Full text: Vom Beginne christlicher Kultur bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2)

1. Die Germanen und ihre Staatenbildungen auf römischem Eeichsboden. 
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Grenze, indem er Ariovist über den Rhein zurückwarf (I § 102). 
Von Gallien abgedrängt — zu ihrem Heile —, gingen sie jetzt 
über das Mittelgebirge und besetzten Süddeutschland: Marbod 
führte seine Markomannen nach dem von den keltischen Bojern 
verlassenen Böhmen (Bojohaemum, Bojerheimat); andre Stämme 
drängten über den Thüringerwald. Nun aber fanden die Germanen 
bei weiterem Vordringen 15 v. Chr. eine Grenze an der Donau 
(I § 108). Die westgermanische Wanderung war zu Ende. 
Die Ursache dieser Völkerbewegungen war in allen Fällen 
vornehmlich die Landnot: bei wachsender Volkszahl reichte der 
vorhandene Boden nicht mehr aus zur Viehzucht, auch nicht zu 
dem roh betriebenen Ackerbau, zu dem man notgedrungen über¬ 
ging, wenn das Weideland zu klein geworden war. 
2. Die germanische Welt im ersten Jahrhundert n. Chr.1 
a) Die Stämme und ihre Wohnsitze. Das Wort German! § 3. 
ist keltisch und bedeutet wohl „Nachbarn". Die Germanen be¬ 
saßen keinen gemeinsamen Volksnamen2 und also kein klares 
Bewußtsein ihrer Stammes - Zusammengehörigkeit. Spuren eines 
solchen leben in einer uralten, nur die Westgermanen umfas¬ 
senden Sage fort, nach der der erdgeborene Gott Twisto einen 
Sohn Mannus und dieser drei Söhne hat, die als Stammväter der 
Ingwäonen (Seegermanen), Istwäonen (Rheingermanen) und 
Herminonen (der Stämme Mitteldeutschlands) gelten. Diese 
Namen haben aber gar keine politische Bedeutung, sondern be¬ 
zeichnen Kultusgemeinschaften (vgl. § 5£). 
Die wichtigsten westgermanischen Völkerschaften (civi- 
tates) waren: 
1. Die auf die linke Rheinseite gedrängten und Rom unter¬ 
tänig gewordenen Stämme, wie die TJbier; sie haben bald ihre 
germanische Eigenart verloren. 
1) Unsere Hauptquelle für die Zustände jener Zeit ist die Germania 
des Tacitus (um 100). 
2) Das "Wort „deutsch" ahd. diutisc von got. thiuda, ahd. diota, diot, 
mhd. diet = Volk, wurde anfangs (Ende des 8. Jh.) von der Sprache im Gegen - 
satze zur lateinischen Kirchensprache gebraucht, später, seit Otto I., auch 
zur Bezeichnung der Volksangehörigkeit.
	        
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