Full text: Vom ersten Auftreten der Germanen bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges (Teil 1)

§ 9. Die germanischen Völkervereine des III. Jahrhunderts u. s. w. 21 
d. Die Goten (Guttönes, die Tüchtigen, Guten). Die ältesten 
historisch nachweisbaren Sitze derselben befanden sich an der Weichsel¬ 
mündung. Von hier aus zogen sie südöstlich und ließen sich etwa 
in der Mitte des 3. Jahrhunderts in den Gegenden an der Nordküste 
des Schwarzen Meeres nieder. Sie schieden sich in die Ostgoten - 
und die Westgoten. Verwandt mit ihnen waren die Gepiden, 
Heruler, Rugier und Vandalen. Bei den Goten fand schon sehr früh¬ 
zeitig das Christentum Eingang. Ulfila (Bischof unter den West¬ 
goten, j 381) übersetzte die Bibel in das Gotische und schenkte damit 
seinem Volke das erste Denkmal germanischen Schrifttums und damit 
die Anfänge einer höheren Bildung. 
6. Von geringer Bedeutung war der Bund der Thüringer 
zwischen dem Böhmerwald und Harz, südlich der Sachsen. Außerhalb 
der Völkerverbindungen lebten: die Burgunder, die anfangs am 
oberen Main, später in der Gegend um Worms wohnten; die Bajn- 
warier oder Bayern (ans den Markomannen entstanden) in 
Böhmen und später südlich davon; die Friesen am Saum der 
Nordsee. 
2. In der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts kam eine eigentümliche dringe?d,5°Ger- 
Unrnhe und Bewegung in die germanischen Stämme, eine Unruhe, die ^yn^m die^ 
in ihren Wirkungen sehr verhängnisvoll für das Römische Reich werden Provinzen, 
sollte. Gedrängt durch nachrückende Slaven und veranlaßt durch 
eine gewisse Landnot, die bei der mit jugendlicher Kraft sich ver¬ 
mehrenden Bevölkerung als besonderes Übel empfunden wurde, regte 
sich in den einzelnen Völkerschaften und Bündniffen ein starkes Be¬ 
dürfnis nach Erweiterung ihres Gebietes. Infolgedessen 
kam es zu Angriffen auf die römischen Grenzprovinzen. 
An der unteren Donau (Goten), am Mittel- und Niederrhein, überall 
pochten germanische Scharen an die Pforten des Reiches und zeigten 
sich immer gefährlicher für dessen Bestand. Der römische Staat hatte 
den Höhepunkt seiner Macht längst überschritten; er war bereits in die 
Zeit des Versalls eingetreten, welch letzterer durch Thronstreitigkeiten, 
durch Bürgerkriege, Unordnung der Verwaltung beschleunigt wurde. 
Eine Zeitlang noch vermochten die römischen Heere, die eindringenden 
Völkerwogen durch einen schützenden Damm abzuhalten. Für die 
Dauer aber konnten sie dem wilden Ansturm der Germanen nicht 
widerstehen. Das ehemals stolze und gewaltige Staatsgebäude war 
in seinen Grundsesten so erschüttert, daß es beim ersten wuchtigen 
Stoße zusammenstürzen mußte. Dieser Stoß erfolgte durch die soge¬ 
nannte Völkerwanderung.
	        
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