1. Heinrich IV. und Gregor VII. 159
Bremen, der nun auf Grund jenes Beschlusses die Vormundschaft
über Heinrich und die Regierung des Reiches übernahm. Adalbert
war ein Mann von hohen Geistesgaben, aber eitel, ehrgeizig, Pracht-
liebend und verschwenderisch. An dem Beispiele seines Vormundes
konnte Heinrich lernen, schrankenlose Willkür zu üben und selbst-
süchtige Zwecke durch schlechte Mittel zu erreichen; er wurde lieder¬
lich, leichtsinnig und hochfahrend. War Annos Absicht dahin ge¬
gangen , für bie Macht uud Unabhängigkeit der Großen zu wirken,
so wollte Adalbert denselben in dem jungen Könige eine Zuchtrute
geben. Er brachte Heinrich die höchste Meinung von seiner könig-
lichen Machtvollkommenheit bei und impfte ihm einen nnauslösch-
liehen Haß gegen die Fürsten und insbesondere gegen die sächsischen
ein, von denen die Pläne des ehrgeizigen Bischofs, der sich zum
Primas des Nordens zu erheben gedacht, durchkreuzt worden waren.
Als der junge König in seinem 16. Lebensjahre für mündig
erklärt wurde, behielt er auch jetzt noch den Erzbischof bei sich und
ließ sich ganz von ihm leiten. Er nahm dauernd seinen Hof in
Sachsen, erbaute Burgen und Schlösser und drückte das Volk
durch übermäßige Abgaben und harte Fronarbeit. Sein willkür¬
liches monarchisches Regiment, und seine Verschwendung erbitterten
die Sachsen und gaben aller Welt ein Ärgernis. Endlich kam der
langverhaltene Groll zum Ausbruch. Ctto von Nordheim, des be-
absichtigten Königsmordes angeklagt, hatte sich geweigert, seine Un-
schuld durch ein Gottesurteil (Zweikampf) zu beweisen. Nachdem
ihm durch ein Fürstengericht sein Herzogtum Baiern genommen worden,
stellte er sich an die Spitze der Unzufriedenen und zog, als der
König auf die vorgebrachten Klagen eine verächtliche Antwort gab,
vor Goslar, wo derselbe Hof hielt. Heinrich floh nach der nahen
Harzburg und von da nach Hessen, in der Hoffnung, bei den
süddeutschen Fürsten Hilfe zu finden. Aber diese waren keineswegs
geneigt, seine Willkürherrschaft zu unterstützen, und so sah er sich
genötigt, mit den Sachsen Frieden zu machen und in die Schleifung
der Burgen zu willigen. Als jedoch die erbitterten Gegner in ihrer
Rachgier so weit gingen, auch die königlichen Gräber zu offnen und
die Gebeine von Heinrichs Angehörigen herauszureißen und zu be-
schimpfen, da scharte sich ganz Deutschland um den König, uud die
Sachsen wurden auf dem Homburger Feld bei Langensalza vollständig 1075
geschlagen. Jetzt glaubte Heinrich seine alten Pläne zur Knechtung
des verhaßten Volkes wieder aufnehmen zu können. Die Häupter
des Aufstandes wurden gefangen gehalten, die Burgen wieder her-
gestellt, und die Willkürherrschaft begann von neuem. Da wandten
sich die Sachsen an den Papst, der begierig die Gelegenheit ergriff,
sich als oberster Richter der Welt zu zeigen.