Full text: Leitfaden für den Geschichtsunterricht in Mittel- und Mädchenschulen

160 IV. Die Franken und die Staufer und ihr Kampf mit dem Papsttum. 
Auf dem römischen Stuhle saß zu dieser Zeit Gregor VII., 
Sohn eines Bauern aus Soana in Tnscien, namens Hildebrand, 
hatte er sich vom Mönch zur höchsten geistlichen Würde empor- 
geschwungen. Er war ein Mann von sittenstrengem Wandel und 
unbeugsamem Herrscherwillen, der sich berufen hielt, die Kirche zu 
reinigen, ihr aber auch höhere Macht zu erwerben. Schon unter 
den vorigen Päpsten, auf die er den größten Einfluß ausübte, 
machte er den Anfang zur Verwirklichung seiner Pläne. Manche 
höchsten geistlichen Amter befanden sich damals in den Händen un- 
würdiger und unwissender Männer, die durch Geld oder durch deu 
Einfluß mächtiger Verwandten in den Besitz derselben gelangt waren. 
Um diesen Ubelständen abzuhelfen, verschärfte Papst Leo IX., dessen 
Ratgeber Hildebrand war, das Verbot der „Simonie" — so nannte 
man nach Apostelgesch. 8 den Handel mit geistlichen Stellen — und 
bedrohte jeden, der sich als Käufer oder Verkäufer derselben schuldig 
machen würde, mit dem Banne. 
Bisher war der Papst von dem Adel, der Geistlichkeit und 
dem Volke Roms gewählt worden und dem Kaiser die Bestätigung 
der Wahl vorbehalten geblieben. Gregor veranlaßte unter Papst 
Nikolaus II. einen Beschluß, durch welchen die Papstwahl einer 
Anzahl hoher Geistlichen, den Kardinälen, übertragen wurde. — 
Der hochstrebende Mann ging noch einen Schritt weiter und verbot 
auch die Laien-Investitur der Bischöfe (d. i. die Einsetzung der- 
selben durch weltliche Herrscher mittels Belehnung mit Ring und 
Stab, den Abzeichen ihrer Würde). Da aber die Bischöfe nicht nur 
geistliche Ämter bekleideten, sondern auch ansehnliche weltliche Güter, 
oft ganze Grafschaften und Fürstentümer besaßen, über welche die 
Lehnshoheit offenbar dem Kaiser oder. Könige zukam, so war jenes 
Jnvestitnrverbot ein tiefer Eingriff in die Rechte des Staats und 
hatte darum einen langen erbitterten Streit zur Folge. — Um 
endlich die Geistlichen aller weltlichen Sorgen und Rücksichten zu 
entheben, drang Gregor auf strenge Durchführung des Cölibats, 
d. i. der Ehelosigkeit der Geistlichen. — Doch das Streben des 
herrschsüchtigen Papstes war auf ein noch höheres Ziel gerichtet als 
auf die Freiheit und Unabhängigkeit der Kirche; er wollte diese 
auch über alle weltliche Macht erheben. Der Papst, sagte er, ist 
als Stellvertreter Gottes der Herr der Welt und das Oberhaupt 
aller Völker; er ist die Sonne, der Kaiser der Mond, und wie der 
Mond sein Licht von der Sonne empfängt, so haben Kaiser und 
Könige ihre Krone vom Papste zu empfangen, und in seinem Belieben 
steht es, sie ein- und abzusetzen. 
Dieser Mann war es, vor dessen Richterstuhl die Sachsen 
ihre Beschwerde wider Heinrich brachten. Er forderte den König
	        
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