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sprang von seinem Sitze auf und rief: „Das Walt die Sucht!" Eck brach die
Disputation ab und reiste nach Rom zum Papste. Luther aber hatte mit dem
Aussprechen solcher Gedanken den Grund der katholischen Kirche erschüttert Und
mit ihr gebrochen. Von Wittenberg gab er dann drei größere Schriften heraus,
in denen er die Irrlehren der Kirche bekämpfte und betonte, daß die Heilige Schrift
allein die Richtschnur für unseren Glauben und unser Leben sein könne. Die
Herrschaft des Papstes in Deutschland sollte gebrochen werden, die Zahlung der
Kirchengelder nach Rom sollte aufhören, die Pfarrherren sollten wieder heiraten,
die Messe und die Ohrenbeichte sollten abgeschafft werden, und beim Abend-
mahle sollte den Laien auch der Kelch gereicht werden. Die Ritter, das Volk
und die Städte jubelten dem kühnen Manne zu. Der Dichter Hans Sachs
zu Nürnberg begrüßte ihn als die Wittenberger Nachtigall, die einen neuen
Tag herausbringt. Währenddessen hatte Eck erreicht, daß Luther in den Bann
getan wurde; im Jahre 1520 brachte er selbst die Bulle triumphierend überdie
Alpen, um sie in den deutschen Gauen zu verkündigen. In einigen Städten
wurden Luthers Schriften verbrannt, in den meisten Ortschaften dagegen wurde
das päpstliche Schriftstück herabgerissen und in den Schmutz getreten.
Da faßte Luther einen kühnen Entschluß; am 10. Dezember 1520 zog er mit
einer Schar Studenten vor das Elstertor zu Wittenberg, ließ dort einen Holz-
Haufen errichten und verbrannte die Bannbulle und die päpstlichen
Gesetzbücher. Damit sagte er sich vollständig von Rom los. Das Bewußtsein,
die Wahrheit verkündigt zu haben, und sein felsenfestes Gottvertrauen gaben dem
Reformator den Mut zu solch folgenschwerer Handlung.
3. Der Kaiser als Gegner der Reformation.
a) Karls V. Herrscherziel.
Im Jahre 1519 war der alte Kaiser Maximilian gestorben. Nun bewarben
sich zwei Ausländer um die deutsche Königskrone, nämlich König Franz von
Frankreich und König Karl von Spanien. Dieser war der Enkel von
Maximilian. Die deutschen Fürsten hatten die Absicht, einen ans ihrer Mitte ans
den Thron zu setzen, deshalb boten sie Friedrich dem Weisen die Krone an. Leider
schlug sie dieser aus und lenkte die Wahl ans Karl von Spanien, der auch als
Karl V. den deutschen Thron bestieg. Bei seiner Wahl hatte er versprechen müssen,
keine fremden Kriegsvölker ins Reich zu führen, keine Reichstage außerhalb
Deutschlands abzuhalten und in den Geschäften nur die deutsche Sprache anzu-
wenden. Viele Fürsten hatten ihn in der Hoffnung gewählt, daß er ein Freund
der Reformation sein würde. Karl V. aber hatte keinen Sinn für deutsches Wesen;
sein ganzes Streben ging nur daraufhin, in seinem großen Weltreiche unum-
schränktet Herrscher zu werden. Dazu brauchte er die Hilfe des Papstes; ddnn
et mußte Frankreich und die Tütkei bekämpfen. Mithin konnte et kein Fteund
det tefotmatorifchen Bestrebungen sein.
b) Det Reichstag z u Worms.
Im Frühlinge des Jahres 1521 kam det junge Kaiset zum erstenmal in das
Reich, um in Worms einen Reichstag abzuhalten. Hier sollten neben den welt-