Der große König, Friedrich II.
Der Erwerb Schlesiens. Im Herbste des Jahres 1740
starb unerwartet Kaiser Karl VI. und hinterließ nur eine Tochter,
aber keinen Sohn. Nach alten Gesetzen hätten die österreichischen
Erblande nunmehr geteilt werden müssen. Aber der Kaiser hatte
den Wunsch gehabt, seine Erblande ungeteilt auf seine Tochter Maria
Theresia zu vererben, und hatte sich daher bemüht, ein neues Erb¬
folgegesetz, die pragmatische Sanktion, zur Geltung zu bringen. Um
dieses Gesetz hatte er sein Leben lang gesorgt und gestritten. Als er
starb, besaß die Hofburg in ihren Archiven ganze Stöße von Verträgen,
in welchen die pragmatische Sanktion von großen und kleinen Staaten
feierlich anerkannt und verbürgt wurde. Aber alle Bemühungen des
Kaisers waren doch umsonst gewesen.
Bayern hatte die pragmatische Sanktion nicht anerkannt; im
Jahre 1741 trat der Kurfürst Karl Albert von Bayern mit Ansprüchen
auf die deutsch-österreichischen Erblande hervor und ergriff, um
seine Ansprüche durchzusetzen, die Waffen. Und schon 1740, also
noch ehe Karl Albert losgeschlagen, hatte bereits Friedrich II., der
König von Preußen, der in demselben Jahre erst den Thron bestiegen,
das Schwert gezogen.
Die Hohenzollern erhoben nämlich seit alter Zeit Erbansprüche
auf einen Teil Schlesiens. In einem Aufsatze, welchen der große
Kurfürst für seine Nachfolger niedergeschrieben, hatte er dem Hause
Brandenburg eingeschärft, beim Erlöschen des habsburgischen Mannes¬
stammes und der dann eintretenden Erbteilung der Monarchie als
nächstberechtigter Erbe in Schlesien aufzutreten und mit Waffen¬
gewalt zu nehmen, was ihm zukomme. Mit dieser Angelegenheit
hatte sich Friedrich II. als Kronprinz eingehend beschäftigt. „Ich
richtete mein Auge auf den Tod des Kaisers, des letzten Fürsten aus
dem Hause Habsburg, der seiner Tochter eine streitige Erbschaft
hinterließ und die Reihe der habsburgischen Kaiser beschloß. Dies
Ereignis mußte mir günstig sein: durch die glänzende Laufbahn, die
es mir in Deutschland eröffnete, durch den Streit, der die Bewerber
um die Kaiserwürde entzweien mußte, und die Teilungspläne, mit