— 48 —
welchen Bayern, Sachsen und Frankreich alsbald nach dem Tode des
Kaisers die Provinzen des Hauses Österreich unfehlbar bedachten.“
Schon lange hatte Friedrich für den Fall, daß der Kaiser sterben werde,
einen Plan fertig. Er wollte sofort angreifen, Schlesien besetzen.
Seine Ratgeber waren freilich mit einem so kühnen Vorgehen nicht
einverstanden. Sie wollten, daß der König zunächst mit Maria Theresia
Unterhandlungen anknüpfen und ihr gegen die Abtretung Schlesiens
seine Hilfe im bevorstehenden Erbfolgekriege Zusagen solle. Aber
der König ließ sich nicht irre machen. Er hatte sich lange genug
mit dem schwierigen Stoffe beschäftigt und war seiner Sache sicher.
Die Lage Maria Theresias war außerordentlich gefährlich. Die
Minister glaubten, dem Tode des Kaisers werde der Tod seiner Mon¬
archie auf dem Fuße folgen. Im Geiste sahen sie schon die Türken
in Ungarn, die Sachsen in Böhmen, die Bayern vor den Toren Wiens.
Auch das Volk glaubte nicht mehr an den Fortbestand des öster¬
reichisch-ungarischen Staates. Bei der Kunde von dem Tode des
Kaisers rotteten sich die Bauern in der Nachbarschaft Wiens zu¬
sammen, jagten des Kaisers Wild auf ihren Äckern und hofften auf
das Erscheinen des neuen Landesherrn, des Kurfürsten von Bayern.
An den Straßenecken der Hauptstadt sogar las man meuterische An¬
schläge : „Vivat, der Kaiser ist tot. Wir bekommen jetzt großes Brot.
Der Lothringer ist uns zu schlecht; der Bayer ist uns eben recht.“ (Der
Gemahl Maria Theresias war Franz von Lothringen.) — Aber die
Kaiserin verzagte nicht; sie glaubte, daß sie im Rechte sei, und dieser
Glaube an ihr Recht verlieh ihr vom ersten Schritte an einen Schwung
und eine Sicherheit des Auftretens, die ihre ganze Umgebung mit
fortriß. Ihre stolze, sichere Haltung gab den Furchtsamen ein
Beispiel und stärkte den Mut der Hoffenden. Mit einer Entschieden¬
heit ergriff Maria Theresia von der Regierungsgewalt Besitz, als
wollte sie sagen: „Ich nehme, was mein ist; wehe dem, der es versucht,
mich zu hindern; die Mittel, das meinige zu behaupten, werden sich
schon finden.“
Was Regierung und Volk erwartet hatten, daß die Monarchie
völlig auseinanderfallen würde, trat nicht ein. Freilich erwarb sich
der Kurfürst von Bayern 1742 sogar die Kaiserkrone. Aber als er
schon 1745 starb, schloß sein Sohn mit Maria Theresia Frieden. Er
verzichtete auf seine österreichischen Erbansprüche und versprach,
sich nicht um die Kaiserkrone zu bewerben, und die Kurfürsten
wählten darauf den Gemahl Maria Theresias zum Kaiser. Maria
Theresia ging daher als Siegerin aus dem Erbfolgekriege hervor. Sie
konnte sich fortan Kaiserin nennen, und die deutschen und die ungar¬
ischen Teile der Monarchie blieben vereinigt. Schlesien aber ging
ihr verloren.
Im Dezember 1740 hatte Friedrich II. in einem frischen Anlaufe
ganz Schlesien besetzt. Nach dem ersten Schrecken hatten sich die
Österreicher jedoch aufgerafft, und nun galt es für Friedrich, den
kühn errungenen Besitz in langjähriger blutiger Waffenarbeit zu
behaupten.
Im ganzen mußte er um den Besitz Schlesiens drei Kriege führen: