Full text: Geschichtliches Lesebuch

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den ersten schlesischen Krieg von 1740—42, den zweiten von 1744—45 
und den Siebenjährigen Krieg von 1756—63. Die ersten beiden Kriege 
wurden durch die Friedensschlüsse von Breslau und Dresden beendet, 
in denen Maria Theresia auf Schlesien verzichtete. Aber es kam zu 
einem dritten, dem Siebenjährigen Kriege. Denn die Kaiserin konnte 
den Verlust des schönen Landes nicht verschmerzen. Bei Tag und 
Nacht hatte sie nur einen Gedanken: Krieg mit Preußen, um min¬ 
destens Schlesien wiederzuerlangem; womöglich wollte sie den branden- 
burgischen Staat, in welchem dem Hause Habsburg ein so mächtiger 
Nebenbuhler erwachsen war, in Trümmer schlagen. Unausgesetzt 
bemühte sie sich, einen großen Bund der europäischen Mächte gegen 
Friedrich II. zustande zu bringen. 
In Rußland herrschte damals die Kaiserin Elisabeth. Sie hatte 
anfangs Friedrich hoch verehrt; aber ihre Bewunderung war all¬ 
mählich in Feindschaft und Haß umgeschlagen. Seitdem Preußen es 
gewagt hatte, sich im zweiten schlesischen Kriege an Sachsen, dem 
Schützlinge Rußlands, zu vergreifen, wurden die Beziehungen zwischen 
Rußland und Preußen allmählich immer gespannter; schließlich wurde 
jeder diplomatische Verkehr abgebrochen. So wurde es Maria 
Theresia nicht schwer, die Kaiserin von Rußland' auf ihre Seite zu 
bringen. Zwischen Österreich und Rußland wurde ein Schutzvertrag 
abgeschlossen, der die beiden Mächte verpflichtete, einander Hilfe zu 
leisten, falls der König von Preußen „gegen alle Hoffnung“ entweder 
der Kaiserin-Königin feindlich begegnen, oder die Kaiserin aller Reußen, 
oder die Republik Polen feindlich angreifen sollte. Um für solch un¬ 
verhofften Fall, „ehender aber nicht“, die festgesetzte Hilfe sofort 
leisten zu können, versprachen sich beide Mächte, unausgesetzt im 
engsten Vertrauen zu bleiben und in ihren nach Preußen zu gelegenen 
Ländern je 30000 Mann bereit zu halten, für den Fall des wirklichen 
Angriffs aber noch je 30000 Mann so geschwind wie möglich mar¬ 
schieren zu lassen. Das war freilich nur ein Schutzvertrag; aber 
Friedrich mußte sich doch aufs äußerste beunruhigt fühlen, als er von 
geheimen Abmachungen zwischen Rußland und Österreich hörte. 
Die Bourbonen hatten jahrhundertelang das Haus Habsburg be¬ 
kämpft; aber infolge der Bemühungen des Grafen Kaunitz, eines 
österreichischen Ministers, trat nun in Frankreich ein völliger Um¬ 
schwung ein. Graf Kaunitz, welcher überzeugt war, daß Preußen 
über den Haufen geworfen werden müsse, wenn das durchlauchtigte 
Erzhaus aufrecht stehen solle, ließ in Versailles einen Plan vorlegen, 
nach welchem Preußen im Frühjahr 1756 von Rußland, Österreich, 
Schweden, Sachsen und vielleicht auch von Hannover aus an¬ 
gegriffen werden sollte. Friedrich sollte nicht nur Schlesien verlieren, 
sondern Preußen sollte auf den Besitzstand zurückgeführt werden, 
den es vor dem Dreißigjährigen Kriege besessen hatte. Frankreich 
— hieß es — möge einen angemessenen Kostenbeitrag liefern und 
solle dann durch österreichischen Besitz in den Niederlanden ent¬ 
schädigt werden. Gegen diese Pläne verhielt sich Frankreich anfangs 
ablehnend; aber die Verhandlungen wurden fortgesetzt, und im Mai 
1756 kam auch zwischen Österreich und Frankreich ein Sehutzver- 
Stoll, Geschichtliches Lesebuch II. Teil
	        
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