Full text: Geschichtliches Lesebuch

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dichtete er seine feurigen Lieder von der Herrlichkeit des Krieges, 
und durch einen tapferen Reitertod bezeugte er, daß seine Worte 
ihm heiliger Ernst gewesen. 
Krieg und Friede. 
Nach dem Schlage von 1812 war Napoleon nach Paris geeilt, 
und es war ihm gelungen, durch seine Gegenwart die erschreckten 
Franzosen wieder zu beruhigen und äufzurichten. Mit Umsicht, Kraft 
und Schnelligkeit rüstete er ein gewaltiges Heer aus. Aushebung 
und Abmarsch der jungen Mannschaft nach den Sammelplätzen 
erfolgte überall gleichzeitig. Einen großen Teil der Truppen ließ 
Napoleon unbewaffnet in Deutschland hineinmarschieren; die Waffen 
wurden nachgesandt und auf dem Marsche verteilt. Auch die Ein¬ 
übung der Bataillone geschah auf dem Marsche und beschränkte 
sich auf das allernotwendigste. So kam Napoleon seinen Gegnern 
zuvor und konnte ihnen anfangs mit überlegenen Massen entgegen¬ 
treten. Trotzdem mußte er schließlich der Übermacht, dem besseren 
Truppenmaterial seiner Gegner und vor allem der preußischen Be¬ 
geisterung unterliegen. 
Im Sommer des Jahres 1813 wurde die preußisch - russische 
Macht durch den Beitritt Österreichs verstärkt. Österreich konnte sich 
nämlich nicht länger vom Kriege fernhalten. Gesetzt, es schaute dem 
Kampfe untätig zu und die Verbündeten siegten, so blieb Österreich 
bei der Neugestaltung Europas aus dem Rat der Großmächte aus¬ 
geschlossen und hatte dann kein Mittel in der Hand, seine Wünsche 
und Pläne zu verwirklichen. Wenn aber die Verbündeten unterlagen, 
so stand Napoleon noch mächtiger da als zuvor, und Österreich 
mußte aufs neue in beständiger Sorge vor seinem Ehrgeize leben. 
Darum bot sich Österreich zunächst als Vermittler an und trat dann, 
weil Napoleon die österreichischen Bedingungen nicht annehmen wollte, 
der Koalition bei. 
So hatte Napoleon drei Großmächte sich gegenüber: Preußen, 
Rußland und Österreich. Und mit ihnen waren noch Schweden und 
England verbündet; England stellte zwar keine Truppen, unterstützte 
die Verbündeten jedoch mit Geld. 
Die Verbündeten stellten drei Heere auf, von denen jedes aus 
Truppen der verschiedenen Völker gemischt sein sollte. Die Haupt¬ 
armee, bei welcher sich der Oberfeldherr Schwarzenberg befand, 
sammelte sich im Norden Böhmens. Von diesem Heer erwarteten 
die Verbündeten am meisten. Aber die Entscheidung des Krieges 
kam nicht von hier; im Gegenteil hat dieses größte Heer der Koalition 
am wenigsten geleistet. Denn wennschon Schwarzenberg ein tüchtiger 
Reiter führer war, ihm fehlte der Ehrgeiz des großen Feldherrn, und 
er fühlte, daß Napoleon ihm persönlich überlegen war. Dazu kam, 
daß ihm die nötige Freiheit fehlte. Die drei Monarchen von Preußen, 
Österreich und Rußland, welche sich im Hauptquartier befanden, ihre 
Diplomaten und Adjutanten, die Bevollmächtigten der Engländer, der 
Schweden u. a. versuchten fortwährend, Einfluß auf die Leitung der 
Angelegenheiten zu erlangen. Insbesondere griff der Kaiser von
	        
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