- i63 —
auf anderen Gebieten der inneren Mission, und da kam der alte
kirchliche Name der Diakonen (Diener) wieder auf. Fast alle Brüder¬
häuser sind mit Rettungsanstalten verbunden. Die Erziehung der
Kinder hat sich überall als beste Vorbereitung für die Brüder er¬
wiesen. Zur Aufnahme ins Brüderhaus sind Leute aller Lebens¬
stellungen zwischen dem 20. und 30. Jahre willkommen, wenn sie
nicht durch Militärpflicht gefesselt und wenn sie unverheiratet und
unverlobt und gesund an Körper und Geist sind. Christliche Gesinnung,
unbescholtener Lebenswandel und der Wille, Gott in der inneren
Mission zu dienen, sind selbstverständliche Voraussetzungen. Auch
muß jeder Eintretende in irgend einem Beruf so tüchtig sein, daß er
sich damit sein Brot selber verdienen kann. Das Brüderhaus ist in
erster Linie eine Erziehungsanstalt.
Manche Arbeiten auf dem Gebiete der inneren Mission lassen
die Hilfe weiblicher Kräfte wünschenswert erscheinen. Darum
gründete im Jahre 1836 Theodor Fliedner, der Pfarrer der kleinen
evangelischen Gemeinde im katholischen Kaiserswert eine Diakonissen¬
anstalt (die erste). Bald entstand eine ganze Reihe solcher
Anstalten. Wie mit dem Brüderhaus fast immer eine Rettungsanstalt
verbunden ist, in welcher die jungen Leute praktisch auf ihr Amt
vorbereitet werden, so ist die Diakonissenanstalt immer mit einem
Krankenhaus verbunden. Durch die Krankenpflege werden die¬
jenigen Tugenden, welche der Diakonissin nötig sind, Gewandtheit
und Ruhe, Eifer und Genauigkeit, Umsicht, Freundlichkeit usw., aufs
beste entwickelt. Damit sich aber die Erziehung nicht einseitig auf
Krankenpflege gründe, sind mit den Diakonissenanstalten meistens
auch Tochteranstalten verbunden, etwa eine Krippe oder eine Warte¬
schule, welche gleichfalls, wenn auch nicht für alle so doch für
viele, eine Ausbildungs- und Übungsstätte werden können.
Der Kulturkampf.
In dem preußischen Landtag, der 1870 zusammen trat, und im
ersten deutschen Reichstag von 1871 schlossen sich die katholischen
Abgeordneten zu einer besonderen katholischen Fraktion zusammen,
der sie den Namen Zentrum beilegten. Zwischen ihnen und der
Regierung, oder mit anderen Worten zwischen der katholischen
Kirche und dem Staat, erfolgte alsbald ein heftiger Zusammenstoß.
Das neue Deutsche Reich war entstanden, indem Preußen und seine
Verbündeten das katholische Österreich und das katholische Frankreich
niedergeworfen hatten; an der Spitze des neuen Reiches stand ein
Kaiser evangelischen Bekenntnisses. Darum erschien vielen Katholiken
die Errichtung des neuen Reiches als eine Niederlage der päpst¬
lichen Kirche, und von vornherein stand das Zentrum dem neuen
Reiche nur mit geringem Wohlwollen gegenüber.
Als die Mitglieder des Reichstages auf die Thronrede, mit
welcher der Reichstag eröffnet worden war, eine Adresse an den
Kaiser absenden wollten, stimmte das Zentrum dagegen, weil in der
Adresse betont war, daß Deutschland sich nicht in das innere Leben
anderer Völker einmischen werde, und die Katholiken gehofft hatten,
XI*