Full text: Von den alten Deutschen bis zum Jahre 1648 (Teil 1)

286 Die Wasserscheide zwischen Rhein und Weser. 
„Die Wearrerah, die Wearrerah, „Die Wetterau, die Wetterau, 
Do bloikt die Wiss' eann dost d's Hah, Da blüht die Wies' und dust' das Heu^ 
Do släißt d's Wasser heall eann fresch, Da fließt das Wasser hell und frischt 
Eann heppe eann d'r Bach die Fesch, Und springen in dem Bach die Fisch', 
Eann uff de Aest eam groine Wahld Und auf den Aesten im grünen Wald 
Do peife Vijel junk eann ahld, Da pfeifen Vögel jung und alt, 
Die Wearrerah soll leawe!" Die Wetterau soll leben!" 
Der Name Wettereiba für Wetterau findet sich erst im Jahre 736. 
Als damals der heil. Sturm im oberen Fuldathale einen passenden Ort für ein 
zu gründendes Kloster suchte, begegnete er einem Manne, welcher „äs Wettereiba" 
kam. In einem Schreiben des Papstes Gregor von 738 gedenkt derselbe auch 
des Stammes der Wedrever; urkundlich aber findet sich der Name Wettereiba 
erst 767. Die Endung —eiba bedeutet dasselbe wie Bezirk oder Gau und findet 
sich außer dem Namen Wingarteiba noch bei Paulus Diaconus in den von den 
Langobarden besetzten Ländern Anthaib, Banthaib und Bnrgundhaib. Im 
13. Jahrhundert veränderte sich der Name in Wederebia, Wetteravia und an- 
dere, woraus dann schließlich die heutige Bezeichuung Wetterau entstand. 
Heber den ursprünglich hier seßhaften Stamm ist nichts bekannt; daß aber 
die Wettereiba von den Römern unterworfen war, davon zeugen noch zahl- 
reiche Funde und Spuren. Vor Allem gehören dahin die noch deutlich erkenn- 
baren Ueberreste des Pfahlgrabens, eines wahrscheinlich von Hadrian und 
seinen Nachfolgern errichteten Befestigungswerkes. Derselbe begrenzt am nörd- 
lichen Abhang des Taunus die Wettereiba bis zum Kloster Thron, zieht von 
da nordöstlich durch den Gau bis Butzbach, bildet dann bis nördlich von Grü- 
ningen die Grenze, läuft wieder durch den Gau, bis er sich an dem Ufer der 
Wetter zwischen Arnsburg und Kolnhausen verliert. Es war ein Graben und 
ein hoher mit Pfahlwerk befestigter und hier und da mit Kastellen versehener 
Wall, in mittelalterlichen Urkunden (791) pollum, (812) Phal und phael, 
1315: pail, 1409: phalgraben genannt. Der Ort Pohlgöns hat davon den 
Namen. Jenseit der Wetter wird er sich nicht fortgesetzt haben; der waldige 
und gering bevölkerte Vogelsberg scheint nicht geeignet gewesen zu sein. Spuren 
von Bädern, Altären, Gräbern sowie römische Münzen hat man besonders in 
den fruchtbaren Geländen der Wetter gefunden. Die Germanen ihrerseits 
schützten sich durch das Anlegen von Burgen und Ringwällen, sogenannte Hünen- 
ringe, wie wir sie noch auf dem Altkönig, Hausberg und Dünsberg ent- 
decken. Germanische Wohnstätten bekunden anch die namentlich bei Gießen 
aufgefundenen zahlreichen Hünengräber. Im Anfang des 3. Jahrhuuderts 
überschritten die Alemannen den Main, und bald darauf verloren die Römer 
ihre Herrschaft in der Wettereiba. Später kam der Gau unter fränkische Herr- 
schast und zählte zu den östlichen Franken. 
Welcher Apostel in unserem Gau das Christenthum gepredigt, ist gleichfalls 
unbekannt; jedenfalls geschah die Bekehrung noch, ehe Bonifa eins zu den 
nördlichen Chatten kam. 
Am frühesten angebaut waren ohne Zweifel die Ufer der Wetter; aber 
auch die Gegend nach der Fulda zu muß schon in vorchristlicher Zeit angebaut 
gewesen sein, wie die alten Grabhügel bei Bimbach, Trätzhof, Niederrode, 
Eichenau, Nonnerode, Stockhausen n. s. w. bezeugen. Zu den ältesten Dörfern
	        
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