26
XI. Die Tyrannis.
die „lakonische Rede", Gehorsam und Wahrheitsernst, das
waren weitere Merkmale spartanischer Tüchtigkeit.
So sah es in dem dorisch-aristokratischen Leerstaate
aus, dessen Sitten und Gesetze von der Sage aus den Gesetzgeber
Lykurg zurückgeführt werden. Diese Organisation war für die
Beherrschung eines beschränkten Gebietes und für die Verteidigung
trefflich geeignet, mußte aber versagen, wenn es sich um Großmachts¬
politik und Angriffskriege handelte.
XI. Die Tyrannis.
In fast allen griechischen Staaten tobte im 6. Jahrhundert der
Kampf zwischen Adel und Volk. Aber an die Spitze des Volkes
stellten sich vielfach ehrgeizige Männer von Adel und begründeten in
vielen Städten wieder eine Art Königtum, die Tyrannis. Gewöhn¬
lich übertrug das Volk den Tyrannen die höchste Militärgewalt.
Demgemäß hielten sie stehende Äeere und besetzten die festen Plätze
des Landes. So waren sie stets gewappnet, um Adelserhebungen
niederzuschlagen.
Das Äauptbestreben der Tyrannen mußte sein, sich die Gunst
des Volkes, dem sie die Herrschaft verdankten, zu erhalten.
Darum sorgten sie für lohnende Arbeit, indem sie schöne Bauten
errichteten, Fahrstraßen und Kanäle anlegten, und verbilligten durch
reiche Getreideeinfuhr das Brot. Durch den Bau starker Kriegs¬
und Handelsschiffe sowie durch klug eingeleitete Handelsbeziehungen
erhöhten sie die gewerbliche Ausfuhr und verpflichteten sich Kaufleute
und Gewerbetreibende zum Dank. Sie unterhielten gern eine Flotte
und führten ruhmreiche Kriege, um ihr Ansehen und ihre Macht zu
erhöhen. Auch das geistige Leben blühte an den Tyrannenhöfen.
Sie zogen Künstler und Dichter in ihre Nähe, übertrugen ihnen
lohnende Aufgaben und veranstalteten glänzende Feste.
Somit haben die Tyrannen in zahlreichen Städten der griechischen
Welt, besonders auch in Kleinasien und auf den Inseln, manchen
Fortschritt geschaffen. And doch wagten sie nicht, sich Könige zu
nennen. Sie fürchteten den Geist der Freiheit, der sich dem Willen
eines einzelnen unterzuordnen verlernt hatte. Nur Vertreter der
Volkswohlfahrt sah man in den neuen „Herrschern", aber keine
Alleinherrscher. So kam es, daß sie fast jedesmal, wenn das Volk
Lerrschastsgelüste witterte, gestürzt wurden. So verjagte Athen, wenn
auch noch aus anderen Gründen, die Peisistratiden schon im zweiten
Gliede, obwohl Peisistratos ein tüchtiger Herrscher war, das
wasserarme Athen mit einer Wasserleitung versorgt, durch feste
Straßen der Landwirschaft aufgeholfen, durch glückliche Ausbeutung