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Otto hatte eine stattliche Gestalt, durchdringende Angen nnd einen
wallenden Bart. Sein Charakter war fest, aber heftig und herrisch. Von
der Hoheit der Königswürde war er durchdrungen. Hohe Geistesgaben
vereinten sich in ihm mit dem Streben nach Großem. Treue gegen seine
Freunde zeichnete ihn aus. Wie der Löwe warf er seine vielen Feinde
nieder, aber großmütig verzieh er ihnen, wenn sie sich demütigten. Seine
Frömmigkeit war echt. Mit Vorliebe trug er heimische Tracht und ver-
gnügte sich gern am Waffenspiel und an der Jagd im Harz und im Thü¬
ringer Walde. Wegen seiner gewaltigen Herrschernatur, seiner herrlichen
Kriegstaten und ruhmvollen Regierung wurde er schon bei Lebzeiten der
„Große" genannt.
2. Er befestigt seine Herrschaft nach innen und außen. Seine
Strenge, seine Heftigkeit und besonders sein Streben nach unumschränkter
Herrschaft verursachten wiederholt Empörungen der Großen. Otto war
es vor allem darum zu tun, die Selbständigkeit, die sein Vater den Her¬
zögen zugestanden hatte, zu beseitigen und sie zu einfachen Reichsbeamten
ohne selbständige Gewalt zu machen. Kaum hatte er seinen ausständischen
Halbbruder Thaukmar bezwungen, als sich sein Bruder Heinrich mit
den Herzögen von Franken und Lothringen verband, um ihm die Krone
zu entreißen. Aber das Glück half Otto. Der Lothringer ertrank auf der
Flucht im Rheine; der Franke wurde im Kampfe bei Andernach erschlagen;
Heinrich bat um Verzeihung und erhielt sie. Trotzdem erhob er noch
zweimal das Banner der Empörung, wurde aber jedesmal besiegt und
begnadigt, das letzte Mal im Dome zu Frankfurt am Weihnachtsfeste
nach einer Fürbitte seiner Mutter und einem demütigen Fußfalle. Otto
gab ihm darauf das Herzogtum Bayern. Hinfort zeigte Heinrich feine
Dankbarkeit durch treue Anhänglichkeit. Mit Ausnahme von Franken und
Sachsen, die Otto selbst behielt, verlieh er auch die anderen Herzogtümer
an seine Verwandten: Lothringen erhielt sein Schwiegersohn Konrad,
Schwaben sein Sohn Ludolf. Damit schien seine Absicht, keine selb-
ständigen Herzöge neben sich zu dulden, erreicht. In späterer Zeit erst
erhielt Sachsen sein treuer Freund Graf Hermann, der es durch sieg¬
reiche Kämpfe gegen die Slaven vergrößerte. In den wendischen Marken
(bis zur Oder) bekämpfte der Markgraf Gero die Wenden mit großem
Nachdruck. Im Norden soll Otto im Kampfe gegen den Dänenkönig
Harald Blauzahn siegreich bis zum Ottensund vorgedrungen sein und
dort seinen Speer ins Meer geschleudert haben. Böhmen, Polen, Bur-
gund und Frankreich beugten sich vor des Kaisers Macht. Als Schirm-
Herr der Kirche gründete er in den Grenzmarken des Reiches Bistümer,
z. B. Brandenburg, Havelberg, Schleswig, Meißen u. a. Missionare und
deutsche Ansiedler verbreiteten hier Christentum und Deutschtum. Im
Osten entstand das Erzbistum Magdeburg.
3. Er unterwirft Italien. Italien war durch Thronstreitigkeiten
der wildesten Unordnung verfallen. Markgraf Berengar von Jvrea
teilte die Herrschaft mit dem jungen Könige Lothar. Als dieser ge-
1) Nicht zu Quedlinburg, wie das Mühlersche Gedicht angibt.