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trat. und weil sich überall noch viel Zündstoff aus der Revolutionszeit
zeigte, so wurden viele Fürsten bedenklich und zögerten die Erfüllung ihres
Versprechens hinaus, ja führten eine strenge Überwachung der freisinnigen
Stimmführer ein. Der Polizei-Großmeister in jener Zeit war der öfter-
reichische Minister Metternich.
2. Friedrich Wilhelms IV. Wesen unb Streben. Dem gerechten
Friedrich Wilhelm III. folgte (1840) anf dem preußischen Throne sein 1840
hochbegabter Sohn Friedrich Wilhelm IV7. Sein Geist war hochgebildet,
„so daß er sein Brot als Professor hätte erwerben können", seine Zunge
wohlberedt, seine Hand zum Wohltun offen, fein Herz fromm und für des
Volkes Wohl begeistert. Er liebte den Frieden und förderte Kunst, Wissen-
schuft und kirchliches Leben. Bei seiner Thronbesteigung gelobte er, „in
den Wegen feines Vaters zu wandeln, für die Erhaltung des Friedens zu
sorgen, das Regiment in der Furcht Gottes und der Liebe der Menschen
zu führen". „Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen!"
war fein Wahlspruch. Mit ihm eines Sinnes war seine Gemahlin Eli-
sabeth, eine bayerische Prinzessin. Beide wirkten segensreich für die
innere Mission. Alte Kirchen wurden wiederhergestellt, 400 neue Gottes¬
häuser und eine Anzahl Kranken-, Waisen- und Diakonissenhäuser erbaut.
Alten, braven Eheleuten schickte die Königin Elisabeth am Tage ihrer
goldenen Hochzeit eine schöne Bibel mit ihrem und des Königs Bildnis
und ihrer Namensunterschrift, armen auch eine Geldspende. Ein Drittel
ihrer Einkünfte verwandte sie zu Liebesgaben.
Seine Liebe für die Knust betätigte der König durch Berufung großer
Künstler nach Berlin. So trat Cornelius (Zeichnungen zum Campo
Santo in Berlin) an die Spitze der Berliner Malerakademie. Wilhelm
von Kanlbach malte im Treppenhause des Neuen Berliner Museums
seine berühmten Bilder (Turmbau zu Babel, Zerstörung Jerusalems,
Hunnenschlacht, Zeitalter der Reformation u. a ). Andere hervorragende
Meister der Malerei waren Lessing und Menzel. Die Bildhauer-
kunst blühte vornehmlich durch Rauch (Standbild Friedrichs des Großen
vor Kaiser Wilhelms Palais), Drake (Denkmal Friedrich Wilhelms III.
im Tiergarten), Kiß (die Amazone vor dem Museum) und Rietschel
(Standbilder Lessings in Braunschweig, Goethes und Schillers in Weimar,
Lutherdenkmal in Worms). Stüter baute die Kapelle im Berliner
Schlosse, das Neue Museum, Langhans das abgebrannte Opernhaus
wieder auf. Friedrich Wilhelm begann auch den Kölner Dom, die
stolze Marienburg und die Stammburg Hohenzollern in Schwaben
auszubauen. (Die Fürstentümer Hohenzollern (Sigmaringen und Hechingen)
hatte der Fürst 1849 an Preußen abgetreten.) Als Tonkünstler wirkten
Meyerbeer (Opern) und Meudelssohu-Bartholdy (Symphonien,
Oratorien, Lieder usw.) in Berlin. Berlin wurde auch der Sammelplatz
bedeutender Dichter, von denen die Romantiker Ludwig Tieck, Wilhelm
von Schlegel, der Lyriker Rückert, der Romandichter W. Alexis und
der Liederdichter G ei bei zu nennen sind. Unter den Gelehrten der Alter-
tums-, Sprach- und Naturwissenschaften ragten besonders hervor die Ge-
brüder Jakob und Wilhelm Grimm und Alexander von Humboldt.