Full text: Bilder aus der Geschichte der Provinz Westfalen

Einst, wenn sich schon um deine Tempelsäulen 
des Epheus grüne Ranke lieblich schlingt, 
und wenn dein Erz in wildem Sturmes Heulen 
wie Memnons*) Bild bei Sonnenaufgang klingt, 
sei du ein Mahner, Schildwacht unsrer Ehre, 
der Nachwelt sei ein Rufer in dem Streit: 
seht hier des Vaterlandes beste Wehre, 
das Schwert Armins, der deutschen Einigkeit! Felix Dahn. 
c. GermaniKus. 
(14—16 n. Chr.) 
1. Überfall der Marsen. Als Tiberius 14 n. Chr. Kaiser 
wurde, erhielt Germanikus, der Sohn des Drusus, den Oberbefehl 
über die römischen Legionen am Rhein. Er war das Ebenbild 
seines Vaters und von dem Wunsche beseelt, das zertrümmerte 
Werk desselben wieder aufzurichten. Infolge der Zwistigkeiten unter 
den deutschen Stämmen hatte er auch mehrfach Erfolge. Im 
Herbst 14 zog er die Lippe aufwärts in das Land der Marsen. 
Diese waren ahnungslos bei einem fröhlichen Feste auf einer 
Lichtung des Waldes, wo zahlreiche Gehöfte zusammenlagen, ver¬ 
sammelt. Da tiefster Friede im Lande war, hatten die Festteil¬ 
nehmer keine Wachen ausgestellt. Die Römer schlichen sich in der 
sternhellen Nacht durch das Dunkel des Urwaldes und überfielen 
plötzlich die Wehrlosen. Die unbewaffneten Männer fielen unter den 
Streichen der Mordbrenner, die auch Frauen, Greise und Kinder ohne 
Erbarmen niedermetzelten und alle Häuser und das Heiligtum der 
Tanfana durch Feuer zerstörten. Ms die Nachbarstämme an der Lippe 
und Ems von dem Überfall hörten, griffen sie zu den Waffen und 
besetzten die waldigen Höhen, durch die der Rückweg der Römer führte. 
Sie griffen deren Nachhut an; der überlegenen Kriegskunst des 
Germanikus gelang es jedoch, die Deutschen in die Wälder zu 
treiben und mit seinem Heere glücklich den Rhein wieder zu erreichen. 
2. Hermann und Legest. Zwischen den Cheruskerfürsten Armin 
und Segest, dem Führer der römischen Partei unter den Cheruskern, 
waren Streitigkeiten ausgebrochen, die noch dadurch verschärft 
wurden, daß Armin Thusnelda, die Tochter des Segest, mit ihrer 
Einwilligung entführte. Als es Segest gelang, Thusnelda wieder 
ihrem Gemahl zu entreißen, wurde er von Armin in seinem be- 
sestigten Hofe belagert. Segest rief die Hilfe der Römer an, die 
ihn auch befreiten, und gab sich selbst mit seiner Tochter und seinem 
ganzen Hause unter den Schutz des römischen Feldherrn. Die Gattin 
des Befreiers wurde von ihrem eigenen Vater den Todfeinden ihrer 
*) Zu den merkwürdigen Bauwerken Oberägyptens gehört auch die riesige 
Memnonssäule, ein Standbild des alten Königs Amenophis (1546—29 v. Chr.), 
die bei Sonnenaufgang harmonische Töne von sich gegeben haben soll, als sie 
im Jahre 27 v. Chr. durch ein Erdbeben teilweise zertrümmert war. Als singende 
Memnonssäule war sie im Altertum hochberühmt. Das Wunder verlor sich, als 
Septimius Severus (192—211 n. Chr.) sie wieder herstellen ließ.
	        
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