70
IV. Aus dem Herzogtum Westfalen.
Heldengestalt von männlicher Schönheit, ausgezeichnet durch scharfen
Verstand und tatkräftige Entschlossenheit. Sein äußeres Auftreten
war ehrfurchtgebietend; von seiner Leutseligkeit wurde jeder hin¬
gerissen, der sich ihm nahte, seine Beredsamkeit war unwiderstehlich.
Unverdrossen arbeitete er für das Wohl seines Landes und gab
allen Untertanen ein leuchtendes Beispiel rastloser Tätigkeit und
gewissenhafter Pflichterfüllung. Darum blühten unter seiner Regie¬
rung die Städte und Dörfer seines Landes. Bald hochangesehen,
wurde er Reichsverweser, als Kaiser Friedrich II. in Italien weilte.
Mit großer Tatkraft suchte Engelbert die Herzogsgewalt in seinen
westfälischen Ländern zur Anerkennung zu bringen. Häufig erschien
er hier, hielt Kirchenversammlungen ab, saß als Herzog zu Gericht,
umgeben von den Grafen, Bischöfen und Äbten des Landes, hielt
mit kräftiger Hand den Landfrieden aufrecht, so daß der Handels¬
mann sicher seine Straße ziehen konnte, und begünstigte die heilige
Feme unter seiner Oberhoheit.
Durch diese Bestrebungen erwuchsen ihm schon manche Gegner,
besonders, da seine Tatkraft oft in Herrschsucht und übergroße
Strenge ausartete. Vornehmlich nahm er sich natürlich der Kirchen
und ihrer Stiftungen an und suchte sie vor den Bedrückungen und
eigennützigen Bedrängungen ihrer Vögte1) zu schützen. Namentlich
die Abtei Essen hatte unter den Übergriffen ihres Vogtes, des
rohen und gewalttätigen Grafen Friedrich von Isenburg, der auf
der starken und stolzen Isenburg an der Ruhr bei Hattingen hauste,
viel zu leiden. Den Ermahnungen seines Verwandten und Landes¬
herrn Engelbert setzte er hartnäckigen Trotz entgegen und verbat sich
die Eingriffe in feine ererbten Rechte. Er glaubte auch, daß der
Erzbifchof nie ernstlich mit ihm ins Gericht gehen würde. Aus viel¬
fache Beschwerden befahlen nun Papst Honorius III. und Kaiser
Friedrich II. dem Erzbischof, dem eigenmächtigen Schalten und Walten
des Jfenburgers über die Stiftsgüter endlich gründlich Einhalt zu
tun. Dazutretende Familienstreitigkeiten und Aufhetzung von Ver¬
wandten machten den Jsenburger gegen den mahnenden Erzbischof
immer aufsässiger und verstockter, und gegen das Ende des Jahres
1225 gelangte der Streit zu einem blutigen Ausgange.
b. Die Ermordung Engelberts. In den ersten Tagen des
Novembers 1225 kam Engelbert nach Soest, um mit den dort ver¬
sammelten geistlichen und weltlichen Fürsten u. a. auch den Streit
mit Friedrich von Isenburg zu einem gütlichen Ende zu führen. Ein
*) Da den Geistlichen die Teilnahme am Blutgericht verboten war, wurden
in weltlichen, besonders in gerichtlichen Sachen die Vögte mit der Vertretung
des geistlichen Landesherrn (Bischofs) beauftragt. Sie wurden anfangs vom
Könige bestellt, dann aber von den Klöstern frei gewählt. Die Vögte übten die
gesamte Gerichtsbarkeit und die äußere Verwaltung der geistlichen Herrschaft aus,
wodurch natürlich die Hoheitsrechte der geistlichen Herren beschränkt wurden.
Diese führten deshalb seit dem 13. Jahrhundert einen ständigen Kampf mit ihren
Vögten.