130 Die preußische Provinz Hannover
t>) Das Haus Braunschweig-Wolfenbüttel.
1. Herzog August der Jüngere von Wolfenbüttel (1635—
1666) war ernstlich bemüht, das durch die jämmerliche Regierung
seines Vorgängers und durch den 30jährigen Krieg arg zerrüttete
Land wieder zu ^ heben. Manche nützliche Einrichtung wurde ge¬
troffen, das Gerichts- und Kirchenwesen verbessert und der Grund
zu der Bibliothek in Wolfenbüttel gelegt. Sein Werk setzte sein
thatkräftiger Sohn Anton Ulrich (f 1714), der längere Zeit mit
seinem älteren Bruder gemeinsam regierte, fort. Auf seine Veran¬
lassung wurde 1671 mit Hilfe der cellifchen Vettern die wider¬
spenstige Stadt Braunschweig zum Gehorsam gezwungen. Indem
die Lüneburger Herzöge ihre Gemeinschaftsrechte an die Stadt auf¬
gaben, wurde diese eine Landstadt des Herzogtums Braunschweig-
Wolfenbüttel. An den Kämpfen gegen Ludwig XIV. beteiligte sich
auch Braunschweig und erstritt von den Schweden das Amt
Thedinghausen. Doch schloß Anton Ulrich in seinem Hasse gegen
die die Kurwürde erstrebende jüngere Linie ein Bündnis mit
Frankreich. Das veranlaßte seine Vettern, sein Land zu besetzen,
bis er sich mit ihnen aussöhnte. Auf der Hochschule zu Helmstedt
vorgebildet, zeigte er Eifer für Kunst und Wissenschaft. Er zeich¬
nete sich als Dichter und Schriftsteller aus. In Salzdahlum baute
der prachtliebende Fürst ein Lustschloß. Die Teilnahme an Kriegen
und die Verschwendungssucht seines Sohnes und Nachfolgers
brachten dem Lande solche Schulden, daß dieser mit England den
Vertrag auf vier Jahre schloß, ihm gegen jährliche Zahlung von
500 000 Mark 5000 Mann zu stellen. Doch genoß das Haus
großes Ansehen, so daß z. B. eine Prinzessin sich mit dem Kaiser
Karl VI., eine andere mit dem Sohne Peters des Großen vermählte.
2. Nach dem Tode Herzog Ludwig Rudolfs (1735) kam der
Thron an die bevernsche Nebenlinie, an seinen Vetter und Schwieger¬
sohn Ferdinand Albrecht, der aber noch in demselben Jahre
starb. Sein Sohn war Ferdinand, der berühmte Feldherr des
siebenjährigen Krieges, der Sieger von Krefeld und Minden (f 1792).
Sein fünfter Sohn fiel in der Schlacht bei Soor (1745) und sein
jüngster bei Hochkirch (1758). Seine Tochter Elisabeth Christine
war die Gemahlin Friedrich des Großen und Luise Amalie die von
dessen Bruder August Wilhelm. - Herzog Karl I. (1735—1780)
hat sich um das Land große Verdienste erworben. Auf Anregung
des verdienstvollen Abtes Jerusalem von Riddagshausen, des Er¬
ziehers Karl Wilhelm Ferdinands, wurde das Collegium Carolinum
zu Braunschweig gegründet und das Kirchen- und Schulwesen neu
geordnet. Ein Museum wurde in Braunschweig errichtet und nach
hier die Residenz verlegt. 1770 wurde Lessing von Hamburg als