Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht

Die Phönizier: Geschichte. 15 
zerstörende, verzehrende Kraft der Sonne und des Feuers überhaupt; ihm 
brachten sie, um ihn zu versöhnen, Menschenopfer, besonders Kinder und 
Jungfrauen dar. Alljährlich an einem bestimmten Tage, oder vor einem 
wichtigen Unternehmen, oder wenn sie ein drohendes Unglück abwenden 
wollten, opferten sie ihm oft Hunderte unschuldiger Kinder. Das eherne 
Bild des Moloch stellte einen sitzenden Mann mit einem Stierkopfe dar; 
seine Arme waren schräg nach oben gerichtet, und in seinem Innern 
brannte ein Feuer. Die armen Opfer wurden oft noch lebend auf 
die Arme des Götzenbildes gelegt, so daß sie in den feurigen Schlund 
hinabrollten. Um das Jammern der Kleinen zu übertönen, tanzten die 
Priester unter lautem Jubelgeschrei um die Bildsäule; die armen Mütter 
mußten zugegen sein, durften aber über den Tod ihrer Kinder nicht 
klagen (5. Mos. 18, 10; 2. Kön. 3, 27). Durch Salomo wurde dieser 
Greuel auck in Jerusalem eingeführt (1. Kön. 11, 7), wo er erst durch 
Josias wieder ausgerottet wurde (2. Kön. 23, 10). 
d. Geschichte. Handel und Gewerbe machten die Phönizier reich. 
Ihre ganze Küste war mit Städten und schönen Landhäusern wie über¬ 
säet. Das kleine Land bildete aber keinen gemeinsamen Staat, sondern 
zerfiel in mehrere kleine Königreiche. Sidon war die älteste Stadt des 
Landes und lange Zeit hindurch auch die blühendste und mächtigste; 
Einwohner Sidons gründeten Tyrus, das bald die erste Stadt von 
ganz Phönizien wurde. Ums Jahr 1000 wurde Hiram König von 
Tyrus. Er schloß mit dem Könige Salomo Freundschaft und lieferte ihm 
zum Tempelbau Steine, Holz und Werkmeister; dafür sandte ihm Salomo 
Korn und Öl und gestattete den phönizischen Schiffern, vom Schilfmeere 
ans ihre einträglichen Fahrten nach Indien zu unternehmen. Die reichen 
Schütze, welche ihre Schiffe in die Heimat trugen, machten es Hiram 
möglich, die Stadt zu verschönern und zu vergrößern. Die Altstadt lag 
auf dem Festlande; aber bald vermochte sie die große Zahl der Einwohner 
nicht mehr zu fassen, deshalb hatten sich schon viele auf einer kleinen 
^usel, welche nicht weit vom Ufer entfernt lag, niedergelassen. König 
Hiram ließ diese Insel noch vergrößern und dann durch eine Ringmauer 
einschließen, welche unmittelbar aus dem Meere aufstieg und über 40 m 
hoch war. Und welches Leben herrschte dort! Stadt und Land wimmelten 
von geschäftigen Menschen. Daher nennt die Bibel Tyrus den „Markt 
der Völker, eine Krone, deren Kaufleute Fürsten sind. O Tyrus, deine 
Bauleute haben all dein Tafelwerk von Cypreffenholz gemacht, deine 
Bänke von Elfenbein, deine Segel von gestickter köstlicher Seide, deine 
Decken von blauem und rotem Purpur." (Hefekiel 27 u. 28.) Aber bald 
übertraf das so günstig gelegene Karthago alle phönizischen Städte an 
Macht und Reichtum und verdrängte die Mutterstadt allmählich aus dem 
westlichen Mittelmeere. Am meisten wurde aber die Macht der Phönizier
	        
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