520 §. 159. Die Julirevolution und ihre Folgen.
Sogar in Deutschland that sich der Geist der Unruhe in
gewaltsamen Ausbrüchen kund. Für die deutschen Staaten hatte
nämlich der 13. Artikel der Bundesacte landständische
Verfassungen in Aussicht gestellt, indem man erkannte,
daß es Zeit sey, der absoluten Macht, welche am Ende für Regie¬
rende, wie für Regierte gleich verderblich ist, wohlbemessene Grän¬
zen zu setzen, und solche Formen zu geben, welche, von keiner Will-
kühr verletzlich, „den Fortschritten künftiger Geschlechter zugänglich
blieben." Schon 1815 gab sich Nassau, 1816 Weimar, 1818
Bayern und Baden, 1819 Württemberg, 1820 Hessen-
Darmstadt eine mehr oder weniger der französischen nachgebildete
Constitution.
Da aber andere Staaten zögerten und dadurch die Vermuthung
auskommen ließen, daß man fürchte, den Volksfreiheiten zu viel
Feld eingeräumt zu haben, so entstanden geheime Vereine,
deren Entdeckung durch die Ermordung Kotzebue's (1819)
veranlaßt wurde. Die strengen Maßregeln nun, welche zu ihrer
Unterdrückung genommen wurden, schienen die Ruhe zu sichern.
Aber der Einfluß und das Beispiel der französischen Julirevolution
wirkte auch in Deutschland nach und brachte unter Hinzutritt ört¬
licher Ursachen unversehens in verschiedenen Theilen Deutschlands
Unruhen hervor, welche in Braunschweig die Vertreibung des
Herzogs Karl und die Erhebung seines Bruders Wilhelm (von
Braunschweig-Oels), — in Sachsen und in Hessen-Cassel
die Einsetzung eines Mitregenten, — in H a n no v er die Ernen¬
nung eines Vicekönigs, — in allen diesen Ländern aber die Ein¬
führung einer Constitution zur Folge hatten. Hierauf
gab auch Preußen, das durch vorbereitende, die Vereinigung
von Kraft und Intelligenz bezweckende Einrichtungen (Landwehrver¬
fassung, erneuerte Städteordnung, Ablösung grundherrlicher Lasten,
Beiziehung des Adels zur Besteurung, hohe Ausbildung des Unter¬
richtswesens re.) auf eine allmählige Lösung seines Versprechens
ausgieng, eine Provinzialständeverfassung, und selbst
Österreich erneuerte 1832 wenigstens seine alten Landstände.
