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Erster Zeitraum von 1500 bis 1648.
Weitere Verbrei- Z Die spanischen Niederlande. Hatte die politische Verbindung mit Spa-
mierten^Lehre' uien, der ersten Kolonialmacht, dem seetüchtigen und gewerbsleißigen Volke
der Niederländer großen Vorteil gebracht, so erwachsen ihm, als die ealvi-
nische Lehre weiteste Verbreitung im Lande sand, aus seiner Stellung zu
Spanien furchtbare Leiden. Zwar achtete Karl V., der sich ganz als Nieder¬
länder fühlte, die seinem Geburtslande verbrieften Rechte — eigne Verfassung
der „Generalstaaten", Steuerbewilligungsrecht —; aber als sein Sohn Phi-
Verletzung der lipp II., der die Pläne des Vaters nach allen Richtungen hin aufnahm und
„Freiheiten". noch fanatischer war, zur Regierung kam, da wandte sich das spa¬
nische Regiment unter Mißachtung der beschworenen Freiheiten mit uner¬
bittlicher Härte und Grausamkeit sowohl gegen die „Ketzerei" wie gegen die
staatlichen" Sonderrechte des Landes. Besonders rief die Einführung der
„Inquisition", die schon in Spanien außer gegen die Moriskos auch
Aufstand und Ab- qec,en Ketzer angewandt worden war (s. S. 7), eine solche Unzufrieden¬
en \aJ^ebet' heit hervor, daß sich anfangs eine große Anzahl von Adligen unter Füh¬
rung des Statthalters Wilhelm von Oranien und des (katholischen)
Grafen Egmont zum Schutze der Freiheit verbanden, später auch die cal-
vimschen Volksmassen sich gegen die Regierung erhoben. Gewaltmaßregeln
des finsteren und grausamen Herzogs von Alba (f. S. 29), namentlich
gräßliche Ketzerverfolgungen verursachten einen jahrelangen Ausstaud, dessen
Die Utrechter Ergebnis schließlich war, daß 1579 irt ber Utrecht er Union die sieben
umon i5,9. ^grdlichenProvinzen (darunter Holland und Seeland), die ganz nieder¬
deutsch unb fast ausschließlich protestantisch waren, sich für unabhängig er¬
klärten und unter der Führung tu attischer1) Fürsten ein neues Staats¬
wesen bildeten. •
Englische Hilfe. Mit Hilfe der englischen Königin Elisabeth konnten dre „Ge¬
neralstaaten" ihre bedrohte Freiheit verteidigen, und als im Jahre lo88 tue
von Philipp gegen England ausgerüstete, für damalige Verhältnisse un¬
geheuer große Flotte von 130 Kriegsschiffen, die „unüberwindliche Armada",
durch schwere Kanalstürme und die Kühnheit der leichtbeweglichen englischen
Flotte völlig vernichtet wurde, da waren Spaniens Kräfte erschöpft und bie
Freiheit ber Nieberlcmbe gesichert. Hier wie in Englanb folgte im Gegensatz
zu ben beutschen Verhältnissen ber gewaltigen nationalen unb religiösen Er¬
hebung eine Steigerung ber Tätigkeit auf allen Gebieten. Dre
1) Die Beziehungen der Grafen von Nassan-Dillenburg zu den Nieder¬
landen und die Entstehung der Linie Nassan-Oranien veranschaulicht folgende
Engelberti, von Nafsan-DiNenburg um 1420
(erbt Gebiete in Luxemburg u. Brabant)
Heinrich
erhält die niederländischen Besitzungen,
heiratet die Erbin des Fürstentums Orange
Wilhelm d. Reiche
Graf von Nassau-Dillenburg
Renatus
t 1544
Wilhelm der Schweiger,
Erbe feines Vetters Renatus,
Begründer der Linie Nassau-Oranien.
Diese Linie Nassan-Dillenburg-Oranien erlosch 1702 mit Wilhelm III. König
von England; ihr Erbe ging an die Linie Nassau-Diez-Oranien über, der die
jetzt regierende Königin Wilhelmine von Holland entstammt.