Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns

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55. Eine Szene aus der Sendlinger Bauernschlacht. 
55. Eine Szene aus der Sendlinger Bauernschlacht. 
Von Anton Hoffmann.') 
Die bange Nacht ist um — blaugrau schleicht der zagende Tag ins 
Schneefeld. 
Aus mattroter Sonnenscheibe süllt glanzlos durch den Dunst ein sahler 
Schein über die Ebene, von deren kalten, westlichen Schatten sich eine frostige 
Schneewand emporringt, aurorafarbige Flatterwölkchen voraussendend, die im 
grüngelben Licht des östlichen Horizontes untertauchen. 
Drüben im Feld unterhalb Sendling ist die Arbeit getan, aus vielen 
Hunderten zerfleischter Leiber dampft das Blut zum Himmel. Kaiserliche Husaren 
und Grenzvölker, verwilderte, im lebenslangen Krieg 
gegen den Erbfeind der Christenheit erbarmungslos 
gewordene Räuber, schweifen zwischen den zuckenden 
Haufen umher, gewohnt in der armseligen Habe der 
Unterlegenen Ersatz für seltene Löhnung zu finden, 
plündernd uud letztes, flackerudes Leben mordend, im 
mildesten Falle die bis aufs Hemd Ausgeplünderten 
im Schnee ihrem Schicksal überlassend. 
Bis zur schmerzhaften Kapelle am Kirchhof 
St. Stephan können wir den Leidensweg verfolgen 
an den dunklen Silhouetten Gefallener; noch folgen 
verspätet einzelne Reiterschwärme, denen der Gesechts- 
lärm neue Arbeit und neue Beute verspricht. 
Dort in den Auen längs der Stadtmauer zwischen 
Isar- und Angertor, zwischen Jsararmen, Mühlen 
und Bleichen verröchelten heute in früher Morgenstunde 
schon Hunderte, die die erste wilde Jagd niederstreckte. 
Stumm und regungslos liegt die turmreiche Stadt im Morgenlicht, winken 
von den Höhen jenseits der Isar die Vorstädte Giesing, Au und Haidhausen; 
ba lauschen Tausenbe banger Menschen beklommenen Herzens bem Kampflärm 
vor ben Mauern, bem Laufschritt bitrch bie Straßen eilenben Fußvolkes, bem 
Hufschlag vorbeitrabenber Geschwaber. 
Als bie Musketensalven unten im Felb in bie ungeorbiteten Haufen 
schmetterten, bie Husaren ihre unbänbigen Mähren in bas wirre Gebränge 
hetzten, ba brach ber letzte geschlossene Wiberstanb ber Lanbesverteibiger.-) 
') „Führer durch das Kolofsal-Rundgemälde, aufgestellt auf der Theresienhöhe 2 a 
bei München." Selbstverlag, 1905 München. 
2) Die gesamte Streitmacht der „churbayrischen Oberlandesdefension", ca. 5000 Mann 
starf, war gegen München herangezogen, entschlossen mit Hilfe der Bürgerschaft die 
Landeshauptstadt der schwachen kaiserlichen Besatzung zu entreißen, die Wegführung 
Bauer mit Sense.
	        
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