Full text: Erzählungen aus der deutschen Geschichte

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allerlei ständische und religiöse Vorrechte erreichten, hielt Ferdinand 
das Evangelium von Jnnerösterreich fern. Kein Wunder, daß ihm 
im Reiche in protestantischen Kreisen wenig Zuneigung entgegen¬ 
gebracht wurde. Nach Bestätigung des Majestätsbriefes nahmen 
ihn die Böhmen (1617) zu ihrem Könige an, ebenso die Ungarn. 
Am Ende der Regierung des Kaisers Matthias kam es in Böhmen 
zum völligen Bruch zwischen Katholiken und Protestanten. Unter 
anderem wurde der Bau einer evangelischen Kirche in Braunau, 
woselbst der Abt vom dortigen Benediktinerkloster die obrigkeitlichen 
Rechte inne hatte, verboten; im Jahre 1618 sollte dann eben diese 
Kirche niedergerissen werden. Darüber kam es zu Unruhen in 
Braunau. Eine evangelische Kirche in Klostergrab, das dem Erz¬ 
bischof von Prag unterstand, ließ dieser sperren und ordnete (1617) 
ihre Niederreißung an. Die Protestanten glaubten im Rechte zu 
sein auf Grund jenes Vergleiches zwischen den Parteien, wonach 
auf königlichen Krongütern der Kirchenbau den Evangelischen frei 
stehen sollte; sie rechneten auch die geistlichen Güter zu den Kron¬ 
gütern. Und ganz bestimmt war es eine Verletzung der Privilegien 
der Evangelischen, wenn der Prager Erzbischof den Klostergrabern 
jeden protestantischen Gottesdienst verbot. So ließ Matthias 
es zu, daß wider den Geist des Majestätsbriefes der evangelischen 
Kirche in Böhmen fortwährend Abbruch geschah. Die über diese 
Gewaltsamkeiten erhobenen Beschwerden der Protestanten wurden 
schroff zurückgewiesen. Da beschloß man, Gewalt anzuwenden. 
Zwei der kaiserlichen Räte und ihr Geheimschreiber, denen man 
die Schuld jener Bedrückungen zuschrieb, wurden aus dem Fenster 
des Prager Schlosses gestürzt. Eine evangelische Regierung von 
dreißig Direktoren wurde eingesetzt. Man trat mit den Evangelischen 
in den anderen Habsburgischen Landen in Verbindung. Der 
Anlaß zu dem schrecklichen dreißigjährigen Kriege war 
gegeben. 
Schnell verbreitete sich der Aufruhr über ganz Böhmen. Zum 
Leiter der kriegerischen Maßregeln wurde Matthias von Thurn P^ode^cs 
bestimmt, derselbe, der der Führer der Protestanten an dem Jtr°g 
verhängnisvollen Tage des Prager Fenstersturzes (23. Mai 1618) 
gewesen war. Ohne Vorbereitung hatte man die Empörung begonnen. 
Ein paar Tausend Söldner kamen den Böhmen unter dem Grafen 
Ernst von Mansfeld zu Hilfe. Die Erzherzoge Ferdinand und
	        
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