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dann verabschiedet er sich, um in sein Arbeitszimmer zurück¬
zukehren.
Alljährlich am Kaiser-Geburtstage lud er stets die Offi¬
ziere des großen Generalstabes zu einem Festmahle. —
Aus der hohen und verantwortungsvollen Stellung als
Chef des Generalstabs der preußischen Armee, die er dreißig
Jahre hindurch inne hatte, und in der er „erst wägend, dann
wagend" dem Vaterlande, dem Heer und sich selbst die
reichsten Lorbeeren gewann, ist der greise Stratege allerdings
unlängst geschieden, und zwar aus seinen eigenen Wunsch,
weil er das besondere Maß körperlicher Rüstigkeit, welches
dieser Posten von seinem Inhaber erfordert, nicht mehr zu
besitzen glaubte. Aber mit unserm Kaiser gab, als Graf
Moltke die Last der Geschäfte jungen Schultern überließ,
unser deutsches Volk allerwärts der Zuversicht Ausdruck, daß
dem Heere der allezeit bewährte Recke als Schlachtendenker
auch in Zukunft nicht fehlen werde.
Die auf die Verabschiedung des General-Feld-
marschalls Grafen Moltke bezüglichen Schriften sind das
Abschiedsgesuch des Grafen Moltke, das in Erwiderung
desselben ergangene kaiserliche Handschreiben, so¬
wie die Kabinettsordre und zwei Dankschreiben des
Grafen Moltke, die in ihrer schlichten Größe den Stempel
historischer Bedeutsamkeit an sich tragen und folgenden Wort¬
laut haben:
Kreisau, den 3. August 1888.
Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Kaiser und König,
Allergnädigster Kaiser, König und Herr!
Ew. Kaiserlichen und Königlichen Majestät bin ich an¬
zuzeigen verpflichtet, daß ich bei meinem hohen Alter nicht
mehr ein Pferd zu besteigen vermag.
Ew. Majestät brauchen jüngere Kräfte und ist mit einem
nicht mehr felddienstfähigen Chef des Generalstabs nicht gedient.