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An demselben Tage verließ König Wilhelm den Kurort Ems.
Seine Reise nach der Hauptstadt glich einem Triumphzuge. In Berlin
zog eine unabsehbare Volksmenge dem königlichen Wagen nach, im?
unterbrochen ertönten aus lausenden von Kehlen begeisterte Vaterlands-
lieder. Sofort ordnete der König die Mobilmachung der norddeutschen
Armee an und berief auf den 19. Juli den Reichstag ein. den er mit
wahrhaft königlichen Worten eröffnete. An diesem 19. Juli er¬
klärte Napoleon III. an Preußeu den Krieg. Mit leuchten¬
den Blicken trat Graf Bismarck in den Sitzungssaal des Reichstages
nnd verkündete, daß ihm soeben die französische Kriegserklärung zu¬
gegangen sei. Ein ungehenrer Beifallssturm erhob sich bei dieser Nach¬
richt. Zur selbeu Stunde kniete König Wilhelm betend am Grabe
seiner Eltern im Mausoleum zu Charlotteubnrg. Es nahte die Zeit,
daß er seiner Mutter Leid sühnen sollte. Nachdem er in heißem Ge¬
bete Trost und Stärke gefunden, ging er mit Mut und Gottvertraueu
den kommenden Tagen entgegen.
2) Deutschlands Vorbereitung zum Kriege.
Frankreich hatte den Krieg gewollt; wir waren dar¬
auf vorbereitet. Die Franzosen hofften zwar, es mit Preußen
allein zu thun zu haben. Aber Nord- und Süddeutfchlaud erhob sich
wie eilt Mann gegen den alten Erbfeind. Getreu der geschlossenen
Waffenbrüderschaft telegraphierten die süddeutschen Fürsten dem Könige
von Preußen, daß sie ihr Heer unter Preußens Oberbefehl stellten
gegen den gemeinsamen Feind. Eine glühende Begeisterung ging durch
das ganze Volk. Alle brannten vor Begierde, für Deutschlands Recht,
Freiheit und Ehre gegen den schändlichen Friedensstörer einzutreten.
„Sie sollen ihn nicht haben,
Den freien, deutschen Rhein,
Ob sie wie gier'ge Raben
Sich heiser darnach schrei'n."
So erklang es durch Deutschland vom Fels zum Meer. Der
Ostpreuße mit dem Schlesier, der derbe Pommer mit dem kraftvollen
Märker, der biedere Westfale wie der Sohn des Rheinlandes — sie
scharen sich zusammeu zur treuen Wacht am Rhein. Vergessen sind
die Tage von 1866; der Sachse und der Bayer, der Schleswig-Dol-
1 seiner und der Hannoveraner — sie alle wollen Hüter sein.
„Schwaben und Preußen Hand in Hand,
Der Nord, der Süd ein Heer!
Was ist des Deutschen Vaterland? —
Wir sragen's heut nicht mehr!
Ein Geist, ein Arm, ein einz'ger Leib,
Ein Wille sind wir heut!
Hurra, Germania, stolzes Weib!
Hurra, du große Zeit!"
Selbst vom Auslande, ja von Amerika her strömten Tausende
auf den ersten Ruf in ihre Heimat zurück, um das bedrohte Vaterland
zu retten. Die Tage von 1813 schienen wiedergekommen zn fein.