Full text: Oldenburgisches Quellenbuch

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Mosen nicht weit von uns fielen; ersterer sofort tot; der zweite von 
mehreren Kugeln getroffen, sich noch dem Rücken seines Burschen Loge- 
mctnn anvertrauend, bis ihn, noch eine Kugel traf, die letzte; der dritte 
im Unterleib in der Lebergegend getroffen, mit den Worten: „Ich gäbe 
eine" sich zurückwendend; sein letztes Wort war: „Grüßt M'üßt" 
Einer der edelsten, begeistertsten, befähigtsten Männer Deutschlands war 
nicht mehr unter den Lebenden. 9£och weiter vorzustürmen wäre Unsinn 
gewesen, wir mußten uns darauf beschränken, die Visiere des Gehölzes 
zu besetzen und zu halten, und verteilten uns deshalb längs derselben. 
Ich speziell kniete neben einer Hecke neben Hauptmann von Gayl; zu 
seinem Unglück mußte sich Leutnant Wieben noch zu uns gesellen; denn 
noch nicht lange war er bei uns, so traf ihn, als er sich etwas in^ die 
Höhe richtete, um über die Hecke zu sehen, eine Kugel gerade ins Herz, 
mit einem leiten „Ach" sank er hintenüber und hauchte sein Leben aus. 
Eine Stunde mochten wir dort wohl gestanden oder vielmehr gelegen 
haben, als das Feuer plötzlich mit noch verdoppelter Heftigkeit begann, 
wir waren in unserer linken Flanke gefaßt und befanden uns plötzlich 
im schönsten Kreuzfeuer. Dem konnten mir mit unserer schwachen Anzahl 
nicht die Stange halten und bekamen, daher den Befehl, uns langsam 
zurückzuziehen; die Kugeln und ihr Gepfeife waren uns schon gleichgültig 
geworden, um so schmerzlicher war mir uud uns wohl allen dafür, beim 
Zurückgehen die Gefallenen und Verendeten, die Verwundeten und sich 
mit Mühe weiter Schleppenden zu sehen. Alles lechzte und rief nach 
Wasser, um die ausgetrocknete Kehle zu netzen, so besonders die Ver¬ 
wundeten, deren Blutverlust den Zustand noch verschlimmert hatte. _ Gs 
hatte nämlich eine fürchterliche Hitze während des ganzen Tages geherrscht, 
und die Feldflasche hatte mit ihrem Inhalt nur kurze Zeit genügen 
können. Der Länge nach sah ich die Leute sich in einen schmutzigen 
Graben werfen, um aus dem Schlamm nur etwas Flüssigkeit zu saugen. 
Ich hatte noch einen Rest Wein in der Flasche und gab ihn dem Leut¬ 
nant Wolf, den ich am Graben sitzend antraf; sein rechter Unterarm 
war zerschmettert, und der Blutverlust hatte ihn so geschwächt, daß er 
für den Augenblick nicht weiter hatte gehen können; ich befestigte noch 
feinen provisorischen Verband, ließ ihn sich ans mich stützen und führte 
ihn zurück nach Tronville, beständig von den über uns krepierenden 
Granaten bedroht. Wie anders sah das Dorf jetzt aus. Das ganze 
Dorf ein Lazarett, die Häuser vermochten die Verwundeten nicht zu 
fassen, Scheunen und jeder bedachte Raum wurden gefüllt, die noch an¬ 
kommenden Unglücklichen mnßtm draußen bleiben. Und welches Loos 
harrte vielleicht noch allen hier liegenden Verwundeten, wenn die 
Franzosen nun, nachdem wir den Wald aufgegeben, Besitz von ihm 
nahmen und von ihm ans auf das Dorf feuerten? Dann es zu ver¬ 
teidigen war unsere feste Absicht.
	        
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