auch Frankreich sich auf die Seite unserer Gegner gestellt hat, konnte
uns nicht überraschen. Zu oft sind unsere Bemühungen, mit der fran¬
zösischen Republik zu freundlicheren Beziehungen zu gelangen, auf
alte Hoffnungen und alten Groll gestoßen.
Geehrte Herren! was menschliche Kraft und Einsicht vermag,
um ein Volk für die letzten Entscheidungen zu wappnen, das ist mit
Ihrer patriotischen Hilfe geschehen. Oie Feindseligkeit, die im Osten
und Westen seit langer Zeit um sich gegriffen hat, ist nun zu Hellen
Flammen aufgelodert. Die gegenwärtige Lage ging nicht aus vorüber¬
gehenden Zusammenstößen von Nützlichkeitsbestrebungen oder diplo¬
matischen eigenartigen Stellungen hervor, sie ist das Ergebnis eines
seit langen Iahren tätigen Übelwollens gegen wacht und Gedeihen des
Deutschen Reiches.
Uns treibt nicht Croberungslust, uns beseelt der unbeugsame Wille,
den Platz zu bewahren, auf den Gott uns gestellt hat, für uns und
alle kommenden Geschlechter.
Aus den Schriftstücken, die Ihnen zugegangen sind, werden Sie
ersehen, wie Meine Regierung und vor allem Mein Kanzler bis zum
letzten Augenblick bemüht waren, das Äußerste abzuwenden. In auf¬
gedrungener Notwehr, mit reinem Gewissen und reiner Hand ergreifen,
wir das Schwert.
Rn die Völker und Stämme des Deutschen Reiches ergeht Mein
Ruf, mit gesamter Kraft, in brüderlichem Zusammenstehen mit un¬
seren Bundesgenossen, zu verteidigen, was wir in friedlicher Arbeit
geschaffen haben. Nach dem Beispiel unserer Väter fest und getreu,
ernst und ritterlich, demütig vor Gott und kampfesfroh vor dem Feinds
so vertrauen wir der ewigen Allmacht, die unsere Abwehr stärken und
zu gutem Ende lenken wolle!
Auf Sie, geehrte Herren, blickt heute, um seine Fürsten und
Führer geschart, das ganze deutsche Volk. Fassen Sie Ihre Entschlüsse
einmütig und schnell — das ist Mein inniger Wunsch." Wilhelm ll.
Der Thronrede fügte der Kaiser folgende Worte hinzu
„Sie haben gelesen, Meine Herren, was Ich an Mein Volk vom
Balkon des Schlosses aus gesagt habe, hier wiederhole Ich: Ich kenne
keine Parteien mehr, Ich kenne nur Deutsche (stürmisches Bravo). Zum
Zeichen dessen, daß Sie fest entschlossen sind, ohne parteiunterschiede,
ohne Stammesunterschiede, ohne Konfessionsunterschiede durchzuhalten
mit Mir durch dick und dünn, durch Not und Tod, fordere Ich die
Vorstände der Parteien auf, vorzutreten und Mir das in die Hand zu
geloben."
IN. Kufruf Kaiser Wilhelms ll. an das deutsche Volk.
6. August 1914.
Seit der Reichsgründung ist es durch 43 Iahre Mein und Meiner
Vorfahren heißes Bemühen gewesen, der Welt den Frieden zu erhalten
und im Frieden unsere kraftvolle Entwicklung zu fördern. Aber die
Gegner neiden uns den Erfolg unserer Arbeit. Alle offenkundige und