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unfern Nöten, so rufen wir dich an." Uber den Widerstand gegen
die Einführung geistlicher Gesänge berichtet Nothold: „Wie Johann
Rohde allhier das Volk ermahnt hat, daß sie sollten mitsingen, ist
ein Bauersknecht aus Lüdersfeld gewesen, mit Namen Berend Stael-
hudt, derselbe mag irgend gehört haben, daß ein jeder in der Kirche
sollte helfen singen, so viel er wüßte; da hat der Knebel gemeint,
es wäre gleich, was es wollte, derowegen, da andere Leute gesungen
haben: Allein Gott in der Höh sei Ehr, hat dieser gesungen:
Ich weiß mich drei Fohleu in einem Stalle stahn, die können so
leise traben, die muß ich haben". Doch hat es in jener Zeit auch
uicht an Werktätigen Christen gefehlt, denn es wird vielfach berichtet,
daß vornehme und geringe Leute iu der Besorgnis nni ihr Seelen¬
heil mancherlei Schenkungen an Klöster, Kirchen und Kapellen
machten. Das kann uns verwundern, da die Bevölkerung ohnehin
für die Unterhaltung der zahlreichen kirchlichen Diener viele Opfer
aufzubringen hatte. Dazu stellten sich noch wandernde Bettelmönche
ein. So scheinen es die Franziskanermönche aus Stadthageu vor-
trefflich verstanden zu habeu, den Bauern Gaben aller Art abzulocken.
Wennsiegut eingeheimst hatten,so saugensie das merkwürdigeDankgebet:
Gott sei Preis, Deo Gratias,
Er gibt uns Speis' Qui nos satias
Von der Bauern Schweiß. De labore rusticorum.
Auch fehlte es nicht an allerlei Wallfahrten und Aufzügen,
die von den Mönchen veranstaltet wurden, nm den Leuten das Geld
zu entlocken. Man hielt Bittgänge durch die Felder, um eine ge-
segnete Ernte zu erlangen, oder zog nach wundertätigen Heiligen-
bildern und berühmten Kapellen. Im Jahre 1516 wallsahrteten
viele Leute nach der Kapelle in Luhden (damals an der Weserseite
des Berges gelegen), wo die hl. Katharina, der die Kapelle geweiht
war, Wunder tun sollte. Selbst der weite Weg nach Wilsnack in
der Mark wurde nicht gescheut. Dorthin sind in demselben Jahre
von Rinteln auf einen Tag 220 Menschen, jung und alt, gewandert.
Ein berühmter Wallfahrtsort war am Ende des Mittelalters auch
Blomberg in Lippe. Luthers Auftreten in Wittenberg leitete end-
lich die Bewegung ein, welche die Christenheit von den alten Irr-
lehren uud Mißbräuchen befreien konnte. Aber erst in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts drang Luthers Lehre auch in der
Grafschaft Schaumburg durch.