III. Ansiedlung im Ägäischen Meere und in Kleinasien.
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Schafhirt wurde seßhafter Bauer, und das Getreide wurde das
„Mark der Männer" (Lomer). Aber schließlich reichte auch bei
klügster Ausnutzung der Scholle das Brot nicht mehr aus. Da
mochte man sich auf Raub legen. Die reichgegliederten Küsten,
die zahlreichen Inseln, die überall angesichts des Festlandes aus den
Wellen auftauchten, lockten zur Ausfahrt. Die Inselbrücke des
Ägäischen Meeres, auf der man festes Land nie außer Sicht bekam,
führte weiter und weiter bis an die kleinasiatische Küste. Es war
wohl in erster Linie die junge Mannschaft, die aus allerlei Gauen auf
gut Glück solche Beutefahrten in einfachen Kähnen unternahm.
Ihre Berichte von Kampf, Sieg, Beute, Reichtum, von Industrie
und Äandel wirkten mächtig auf die heimischen Volksgenossen.
Immer größer wurde zudem die Ungleichheit der Ackerlose; neben
dem Großgrundbesitzer mühte sich der Kleinbauer, seufzte der Tage¬
löhner im Dienste des harten Grundherren. Das alles führte bald
zu dauernder Auswanderung von Tausenden, die auf den östlichen
Inseln eine neue Äeirnat suchten. So folgten den räuberischen
Entdeckern die Ansiedler (Pflanzer, Kolonisten).
Auf diese Weise ist im Laufe von mehreren Jahrhunderten nicht
nur die gesamte ägäische Inselwelt, sondern auch die Küstenstriche
Kleinasiens von Cypern bis hinauf nach Lesbos sind bis um das
Jahr 1000 v. Chr. griechisch geworden; etwas später die Troas.
Die gesuchten Getreideebenen fanden die Auswanderer zur Genüge
an der Küste; daher drangen sie auf der gesamten Linie nicht tiefer
als 1 bis 2 Tagereisen ins Innere.
Wie die Väter daheim, so trieben auch die Abkömmlinge in der
neuen Leimat zunächst Ackerbau, gründeten Gaustaaten nebeneinander,
feierten dieselben Feste, verehrten dieselben Gottheiten, wie sie die¬
selbe Sprache redeten; die neuen Gemeinden und Staaten waren
ganz die Abbilder der alten (Tochterkolonien), wahrten jedoch
ihre volle politische und wirtschaftliche Selbständigkeit.
Auffällig ist die Tatsache, daß die Eroberer des Ägäischen
Meeres und der Küsten Kleinasiens in solchen Massen aus¬
wanderten, ohne daß das Mutterland ganz entvölkert wurde. Wahr¬
scheinlich waren außer der Landnot und der Abenteuerlust noch
andere Ursachen wirksam. Dorische Stämme durchzogen von Norden
her das Land und setzten sich besonders in der Peloponnes zahlreich
fest (Dorische Wanderung). Daß diese Eindringlinge in
großen Massen eingezogen sein müssen, geht daraus hervor, daß wir
sie bald ebenfalls auf den südlichen Inseln wie im Süden Klein¬
asiens als Kolonisten antreffen. Durchweg ist die Besiedlung des