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Pflege. Die Volksbildung lag im argen, und die Rechtspflege ließ viel zu wünschen 
übrig. — Nach außen war" Brandenburg vollständig ohnmächtig. Das Bündnis 
mit dem Kaiser hatte dem Staate nur geschadet; denn es brachte ihm keine Hilfe, 
wohl aber die Feindschaft der Schweden. Die wankelmütige Politik des verstorbenen 
Kurfürsten hatte es dahin gebracht, daß der brandenbnrgifche Name ohne Achtung 
genannt wurde. — Der junge Kurfürst hatte also folgende Aufgaben zu lösen: 
er mußte sich zum Herrn int eigenen Lande machen, er mußte versuchen, 
den Bewohnern der drei Gebiete das Gefühl der Zusammengehörige 
keit und des Gemeinsinnes einzuimpfen, er mußte den wirtschaft¬ 
lichen Wohlstand und die geistige Bildung der Bewohner heben und 
seinem Staate nach außen Achtung verschaffen. 
3. Wie löst Friedrich Wilhelm die Aufgaben? 
1. Wie macht er sich zum Herrn im eigenen Lande? 
a) E r schafft sich ein st e h e n d e s Heer. 
Friedrich Wilhelm hatte aus den Erfahrungen seines Lebens die Lehre gezogen, 
daß ein Land verloren sei, wenn es sich nicht selbst beschützen könne. Deshalb 
war seine erste Sorge, nachdem er mit den Schweden einen Waffenstillstand abge¬ 
schlossen hatte, sich ein eigenes, stehendes Heerzu gründen. Wohl gab es schon 
in der Mark einige Regimenter, aber sie waren auf Betreiben des Kanzlers haupt¬ 
sächlich dem Kaiser verpflichtet worden. Jetzt verlangte der junge Kurfürst, daß die 
Besetzungstruppen nur ihm den Eid der Treue zu leisten hätten. Die meisten Offiziere 
wollten jedoch dem Befehle nicht nachkommen; ja der Kommandant der Festung 
Spandau erklärte sogar, lieber die Festung in die Luft sprengen zu wollen, als 
den Kurfürsten als Herrn anzuerkennen. Dieser duldete jedoch keinen Widerspruch. 
Der Oberst Konrad von Burgsdorf trat zum Kurfürsten über und nahm noch einigen 
andern Offizieren den Treueid ab. Die übrigen wurden gefangen gesetzt ober 
mußten bie Mark verlassen. Ans ben zuverlässigen Mannschaften würbe nun bas 
erste branbenbutgische Heer gebilbet; es bestaub anfangs nur aus 3000' Mann, 
aber burch Anwerbungen stieg seine Zahl von Jahr zn Jahr, so baß es beim Tobe 
bes Kurfürsten 26 000 betrug. Zugleich zog Friedrich Wilhelm tüchtige Männer 
in seine Nähe, die ihm bei der Ausbildung der Truppen behilflich sein sollten. 
Der Feld marschall von Dersflinger, der Schöpfer der brandenbnrgischen 
Reiterei, und der General Otto von Sparr, der Schöpfer des branden- 
bnrgifchen Gefchützwefens, waren seine bebeutenbsten Gehilfen. Innerhalb bes 
Heeres sah ber Kurfürst auf strenge Manneszucht; Bedrückungen der Bürger 
und Bauern durch die Soldaten duldete er nicht. Jeder Mann erhielt seinen 
regelmäßigen Sold und seine Bekleidung. Die Truppen wurden niemals ent¬ 
lassen; sie standen beständig unter den Waffen. Nur die tüchtigsten Männer 
wurden beurlaubt; sie mußten sich im Lande ansiedeln, damit sie in Zeiten der 
Not als Ersatztruppen eingezogen werden konnten. Auch suchte der Kurfürst bei 
den eigenen Landeskindern Sinn für das Heer zu wecken, damit die Werbe¬ 
offiziere in den eigenen Gebieten ein günstiges Feld fänden. Die Offiziere wurden
	        
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