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2. Seine Sorge für das Gewerbe. 
hebert der Landwirtschaft förderte der König auch das Handwerk, die Industrie 
und den Handel. Den Handwerksmeistern gab er neue Vorschriften 
über den Betrieb ihres Geschäftes und über die Behandlung von Gesellen und 
Lehrlingen. Unter seiner Obhut blühten besonders Wollweberei und Tuch¬ 
macherei empor; in Berlin entstand eine große Tuchfabrik, das sogenannte 
Lagerhaus. Geschickte Weber und Färber wurden aus den Niederlanden und aus 
Spanien in das Land gerufen. Die aufblühende Industrie suchte der König 
durch ein scharfes Schutzzollsystem noch weiter in die Höhe zu bringen. 
Nach diesem wurde die Einfuhr fremder Waren mit hohen Steuern belegt. 
Ausländische Tuche dagegen durften überhaupt nicht eingeführt werden. 
Der König und seine Familie selbst trugen Stoffe, die im eigenen Lande her¬ 
gestellt waren. Sah er dennoch fremde Stoffe, so geriet er in Zorn. Es wird 
erzählt, daß er auf offener Straße Frauen habe die Kleider vom Leibe reißen 
lassen, weil dieselben aus fremdländischen Stoffen hergestellt waren. 
Durch das aufblühende Gewerbe wurden die Bewohner der Städte reich. 
Das benutzte der König, um die Städte zu verschönern. Auf feinen Befehl mußten 
alte Häuser abgerissen und neue errichtet werden. Wollte der betreffende Bürger 
widersprechen, so hieß es einfach: „Der Kerl hat Geld, er muß bauen!" Aber auch 
iu diesem Punkte gab er seinem Volke ein gutes Beispiel; in Berlin entstanden 
auf seine Anregung Straßen und Plätze. Noch mehr verschönerte er Potsdam, 
das er als seine eigentliche Residenz betrachtete. Hier erbaute er das große Militär- 
Waisenhaus. 
3. Seine Sorge für die Volksbildung. 
Friedrich Wilhelm war kein Förderer der Künste und der Wissenschaften; nur die 
Malerei und die Medizin sind von ihm unterstützt worden, weil sie für das Leben von 
Nutzen waren. Desto mehr lag ihm die Bildung d es Volkes am Herzen. Damit 
seine Untertanen sein Wirken verstehen und würdigen lernten, führte er die Schul¬ 
pflicht ein. Bis jetzt waren sehr viel Kinder ohne Schulbildung ausgewachsen: 
nach des Königs Anordnungen mußten nun die Kinder des platten Landes vom 
fünften bis zum zwölften Jahre den Unterricht besuchen. Und zwar mußten sie 
im Winter alle Tage, int Sommer dagegen wenigstens zwei- bis dreimal in der 
Woche zur Schule gehen. Die Anfangsgründe in der Religion, irrt Lesen, Schreiben 
und Rechnen wurden in allen Schulen gelehrt. Auch in diesen Bestrebungen hatte 
der König viel Widerstand zu überwinden. Die Gutsherren scheuten die Kosten, 
und manche arme Gemeinde fand nicht die nötigen Mittel zum Bauen der Schul - 
Häuser. Aber des Herrschers eiserner Wille bezwang auch diese Schwierigkeiten. 
Die armen Ortschaften bekamen Bauplatz, Holz und Steine geschenkt, und die 
reichen Gutsbesitzer und Domänenpächter mußten sich einfach fügen. Außerdem 
unterstützte der König die Schulen jährlich mit einer großen Geldsumme. So 
entstanden in Ostpreußen allein 1160 Dorfschulen. Mit den Schulen suchte der 
König auch den L e h r e r st a n d zu heben; er gründete im Jahre 1735 das erste Lehrer¬ 
seminar zu Stettin. Auf feinen Reifen durch das Land besuchte er meistens auch
	        
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