— 34 —
unb zwei bis drei Tage lang zum Verkauf ausgestellt werden. Den Fracht¬
wagen samt den Pferden mußte der Kaufherr in der Stadt mieten. Der
Weg war genau vorgeschrieben, damit der Zoll nicht umgangen werden sonnte;
wer bei Not einen andern Weg einschlug, verfiel auch den hohen Strafen.
Fiel der Wagen um, so gehörte mindestens die Ware, meistens auch noch der
Wagen dem Herrn des Bodens, auf dem das Unglück sich zugetragen; war
das Schiff gestrandet, so war nach dem Strandrecht Schiff und Ware ver¬
fallen. Gewöhnlich fuhren viele Kaufleute zusammen und mieteten Ritter
zum Schutze. Besonders seit den Kreuzzügen blühte der Handel auf, so
namentlich in Augsburg und Nürnberg. Auf Saumtieren wurden die
morgenländischen und italienischen Waren Über die Alpen nach Deutschland
geführt und auf Handelsschiffen den Rhein abwärts gefahren oder über
Augsburg, Nürnberg nach Erfurt, Leipzig, Magdeburg, Bremen, Hamburg
und Lübeck befördert. Trotz der großen Beschwerden brachte der Handel
viel Gewinn, und die Augsburger Kaufherren waren so reich wie Fürsten;
es bewahrheitete sich das lombardische Sprichwort: „Handel macht reich,
Nichthandel arm". Durch ihren großen Reichtum erwarben die Städte viel
Macht und Einfluß, ja sie erlangten von den Kaisern, denen sie oft Hilfe
gewährten, viele Rechte, wie z. B. das Recht, Zölle und Steuern zu" er¬
heben und Gericht zu halten. Die Altbürger oder die Geschlechter hatten
ihre besonderen Trinkstuben, bildeten den Rat der Stadt und regierten diese.
Die Handwerker waren zuerst Leibeigene oder Hörige, nur selten freie
Leute, erst um 1300 wurden sie frei. Sie bildeten Innungen oder Zünfte
oder Gilden: Innung (Einigung) der Bäcker, Gerber usw. Jede Innung
hatte einen Ober- oder Zunftmeister, der die Aufsicht führte. Wer das
Handwerk lernen wollte, mußte drei Jahre Lehrling bei einem Meister
sein, dann sein Gesellenstück machen. Hierauf ging er als Handwerksbursche
auf die Wanderschaft. Nach seiner Heimkehr fertigte er fein Meisterstück,
um Meister und Bürger zu werden. Die Innung hielt auf gute Waren,
gute Preise und gute Sitten und sorgte dafür, daß sich nicht zuviel Meister
in einer Stadt ansiedelten. Wer nicht der Innung angehörte, durfte nicht
das Handwerk treiben oder nicht ins Handwerk pfuschen. Auf den Dörfern
duldete man feine Meister; deswegen mußten alle Dorfbewohner ihre Ge¬
brauchsgegenstände in der Stadt kaufen. In den Städten, die das Stapel¬
recht besaßen, mußten alle fremden Kaufleute, die durchfuhren, einige Tage
lang ihre Waren aufstapeln und feilbieten; dann erst durften sie weiterziehen.
Außer den Geschlechtern und Handwerkern gab es in jeder Stadt eine
große Menge Ackerbauer, die anfangs auch unfrei waren. Manche Städte
waren einem großen Dorfs ähnlich. So lagen noch um 1650 auf den
Straßen Berlins Düngerhaufen, während auf den Plätzen Schweine um¬
herliefen. Damals kannte man viele Speisen nicht, die wir heute täglich
genießen. Statt der Kartoffeln aß man Haferbrei, statt Kaffee trank man
Warmbier. Doch herrschte im Essen und Trinken oft großer Aufwand,
obwohl ihn die Obrigkeit häufig verbot.
4. Städtebündnisse. Die Hansa, a) Ursprung. Während die Hohen¬
staufen in Italien kämpften, nahm in Deutschland das raubritterliche Un¬
wesen, das Faustrecht, sehr überhand. Infolgedessen entstanden in Süd-
und Westdeutschland Städtebündnisse, die den Übergriffen der Ritter und