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fehdelustigen Grafen und Fürsten Einhalt geboten. Während die an Flüssen
wohnenden Ritter die vorüberfahrenden Schiffe zwangen, an sie hohe Zölle
zu zahlen, blühte auf der Nord- und Ostsee die Seeräuberei und hinderte
die Kauffahrteischiffahrt sehr. Da der Kaiser samt den Fürsten diesem Übel¬
stande kein Ende machte, verbanden sich um 1241 die reichen Handelsstädte
Lübeck, Hamburg und Bremen. Dies Bündnis heißt die Hansa, d. h. Handels¬
verbindung, denn es sollte vor allem den Handel schützen.
b) Ausdehnung. Sehr bald schlossen sich andere Städte an; zur Zeit
ihrer Blüte zählte sie sogar gegen 100 Städte von Holland bis nach Rußland.
Sie schickten ein großes Heer und Kriegsschiffe gegen die Räuber aus,
deren Burgen erobert und zerstört, deren Schiffe vernichtet wurden; die
Land- und Seeräuber büßten ihre Untaten meistens am Galgen. Eine
Flotte von 200 Schiffen beherrschte die Nord- und Ostsee. Der König
von Schweden und der von Dänemark wurden von den Hanseaten besiegt;
sie diktierten: „Kein König darf in Dänemark den Thron besteigen ohne
Zustimmung der Hansa". Sie erlangten große Vorrechte in England, Schweden
und Norwegen und errichteten daselbst Kontore, d. h. große Plätze oder Stadt¬
teile, in denen sie Waffen- und Gerichtsrecht, freien Stapelhandel und Landes¬
hoheit besaßen. Hier erbauten sie Kirchen, Kaufhallen, Speicher, Herbergen
und Wohnhäuser, wie z. B. in Bergen, London, Antwerpen und Altnowgorod
am Jlmensee. Lübeck war der Vorort; dahin kamen alljährlich die Abgeord¬
neten und berieten über die Angelegenheiten der Hansa. Wenn eine Stadt
ihre Pflichten nicht erfüllte, wurde sie ausgestoßen oder verhanst. Nach etwa
300 Jahren verlor die Hansa an Bedeutung und Macht, weshalb viele Städte
austraten. Lübeck, Hamburg und Bremen heißen noch heute Hansestädte
und haben ihre alten Freiheiten behalten.
Das Gerichlsmelen,
1. Ursprung der Femgerichte. Karl der Große hatte die Rechtspflege
geordnet. Gau-, Send- und Pfalzgrafen verschafften dem Bedrückten Recht.
Die leibeigenen Bauern wurden von ihren Herren gerichtet, die freien Bauern
von den königlichen Richtern, den Freigrasen, denen Schöffen beistanden.
Die Schöffen halfen das Urteil finden, aber sie mußten sich auch nach dem
Umstande richten. Freilich gab es auch Vorstände, die wenig oder gar
keine Umstände machten, sondern nach ihrem eigenen Gutdünken handelten.
Aber diese Gerichte konnten später vielen Leuten nicht zu ihrem Rechte ver¬
helfen. Deshalb bildete sich zu der Zeit, als Kaiser und Papst sich heftig
bekriegten und das Faustrecht blühte, ein heimliches Gericht, das Femgericht,
das besonders gegen Straßenraub, Landfriedensbruch und solche Verbrechen
einschritt, die die öffentlichen Freigerichte nicht bestrafen konnten. Es ver¬
femte, d. h. verbannte oder verfluchte die verurteilten Verbrecher.
2. Einrichtung der Femgerichte. In Westfalen, namentlich in Dort¬
mund, war der Hauptsitz der Femgerichte, doch verbreiteten sie sich über
ganz Deutschland. Der Kaiser blieb der höchste Richter; der Ort der
Sitzung Hieß Freistuhl, der Vorsitzer des einzelnen Femgerichts (zuerst auch
Bischöfe) hieß Stuhlherr oder Freigraf, die Beisitzer Freischöffeu. Der An¬
geklagte wurde durch einen Brief mit sieben Siegeln vorgeladen; diesen
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