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die Häuser in Leipzig sind, in einem sehr grossen Hause, so tieff hinein gieng und
einige lange Höfe hatte, auf dem Dache aber waren ein drey biß vier mit Glaß-
fenstern versehene Zimmer, biß fast an den Forst auffgesühret, welches [sich] sehr
artig ließ, wiewol die Dächer so auf Frantzösische Art gebauet, nur mit Schindeln
gedeckt waren. Er hatte viel Gewölber im Hofe angelegt, und selbige mit Zahlen
bemercket.
Es lag aber das Hauß zu riechst am Marckte, welcher fast viereckt ist, und
in der Länge 233, in der Breite aber 100 Schritte hielte. Und weil damals
die letzen Tage in der Messe waren, so stunden noch viel Buden auf dem Marckte,
und in allen Häusern noch viel Vorrat an Gütern. Die Strassen sind breit und
wohl angelegt, die Stadt aber ist sehr klein, wie wir von dem Thomas-Thurm
sehen funtert, und möchte in dem Stück mit Aix in Provence gar füglich ver¬
glichen werden.
Das Frauen-Zimmer trägt daselbst einen Aufsatz, so wie eine Mütze gemacht
und mit Peltzwerck verbremet ist, und das gantze Hintertheil des Hauptes bedecket.
An dem einen Ende der Stadt liegt das Schloß, so ziemlich starck, und mit
einigen Bastion-Spitzen ohne Flanqueen versehen ist. Es wird aber von Frembden
niemand leicht hineingelassen. Die Landschafft daherum ist schön, und an der einen
Seite der Mauer läufst ein kleiner Fluß vorbey4), woraus der Graben mit Wasser
angelassen wird, welcher von dem Fluß durch einen schmalen Strich Erde und einem
nicht gar viel taugenden halben Monden abgeschnitten ist . . .
Den 26. war ich wieder bey dem Herrn Eckholt, und bemerkte die in¬
wendige Facon der Häuser. Die eine Seite derselben geht auff die Gaffe, allwo
die Säle zu den Stuben angelegt. Vor denselben ist ein grosses Vorhauß oder
Vor-Saal, auff welchen man so wohl in den Stuben, als in die daran stossende
Küche und den Gang, auf diesen aber in viel kleine an dem Seiten-Gebände stehende
Zimmer kommen kann. Das Seiten-Gebäude aber ist so lang als der Hoff.
Als ich von ihm gieng, sahe [ich] mich ein wenig in den Buchläden um,
und befand an den Manns-Personen, so in Trauer giengen, daß sie ihre Hüte mit
Flohr überzogen, und von der Hutschnure an einen langen Strich Flohr biß auf
die Fersen hinten nunter hängen hatten . . .
Den 27. sahe ich mich früh Morgens auf den breiten und wohl durch¬
schnittenen Gassen um, auf welchen hin- und wieder Ziehbrunnen von einer
steinernen Architectur mit drauff gefetzten Statuen und Bildern zu befinden waren;
und gieng so fort in die sehr artige S. Nielas-Kirche, deren Gewölbe und Pfeiler
mit Lanbwerck grau angestrichen und zum Theil Binden-weise verguldet waren."
[Hier beobachtet er, tote] „eben ein Kind war getaufft worden, der Weiber
giengen wol 60 mit, paar und paar, als wie in Proceßion, die Von Condition 5)
vorne an, und trugen grosse rundte mit Marder auswendig gebremete Mützen, die
gemeinen Bürgers-Weiber aber Hauben von Sammet, so über den Nacken rund
zu giengen und mit Peltzwerck innwendig gefüttert waren, der Pippel-Mutter 6) ihre
aber war so groß, fast als wie ein Türckischer Turban; die Weiber aber durchgehend
trugen kleine fchwartz gefütterte Mäntelgen, welche nicht anders liessen als wie
Scherpen.
Den 28. lieferte ich meine Briese dem Kauffmann, nahm das Maas von
dem Marckte, und gieng darauff in die Haupt-Kirche zu S. Thomas,, allwo sehr
viel Weiber nach dem Manns-Volke communicirete. Sie stunden alle auffgerichts,
als sie das H. Nachtmahl empfiengeu. Die Jungfern trugen einen Aufsatz, so
4) die Pleiße. 5) die Vornehmsten. 6) Hebamme.